Editorial: Haben wir die richtigen Angebote in der Weiterbildung?

Wir möchten mit dieser Ausgabe von denk-doch-mal.de die Angebote stärker beleuchten und die Frage stellen, ob es tatsächlich immer die harten Faktoren Zeit und Geld sind, die darüber entscheiden Menschen an teilnehmen oder nicht. Schaut man sich die Gründe für Teilnahme oder eben auch Nichtteilnahme an stellt man fest, dass die Aussage „kein passendes WB-Angebot vorhanden“ bei Nichtteilnehmern deutlich mehr Zustimmung erfährt als die Kosten oder verschiedene Formen zeitlicher Restriktionen.

Bernd Käpplinger: Bildungsferne Menschen, menschenferne Bildungsanbieter oder menschenferne Weiterbildungsförderung?

Prof. Bernd Käpplinger von der Justus-Liebig-Universität Gießen beleuchtet in seinem Beitrag die unterschiedlichen weiterbildungshemmenden Faktoren. Zeit und Geld nehmen hier in der Regel die Spitzenplätze ein. Er verweist aber darauf, „… dass harte Weiterbildungsbarrieren wie Zeit- und Geldmangel statistisch eher überschätzt werden, während weiche Weiterbildungsbarrieren, die auf Zweifeln und Ängste basieren, eher statisch unterschätzt sind.“ In seiner Zusammenfassung plädiert er mit Nachdruck dafür, „Bildungsbenachteiligte monetär und zeitlich in die Lage zu versetzen, Weiterbildungsangebote aufzusuchen.“

Luciole Sauviat, Lea Müller-Greifenberg, Martin Roggenkamp: Wie kommen wir zu passenden betrieblichen Angeboten? – Reflektionen zu dem Ansatz der regionalen Weiterbildungsverbünde

Luciole Sauviat, Lea Müller-Greifenberg und Martin Roggenkamp vom Institut für Forschung, Training und Projekte (IFTP) im bfw erläutern in ihrem Beitrag die derzeit vom BMAS geförderten regionale Weiterbildungsverbünde (2020-2024). Weiter werden die Herausforderungen bei der Identifizierung und Vermittlung von Weiterbildungsbedarfen thematisiert. Zudem wird der Ansatz der aufsuchenden Weiterbildungsberatung der Weiterbildungsverbünde und die besondere Rolle von Brückenmenschen erläutert. Bei den abschließenden aufgeführten Faktoren, die das Entwickeln von passenden Weiterbildungsaktivitäten begünstigen, werden insbesondere regionaler Bezug und Vernetzung, die Rolle der betrieblichen Mitbestimmung und der Aufbau von Vertrauensstrukturen hervorgehoben.

Daniela Ahrens: Haben wir die richtigen Angebote für Geringqualifizierte? – Herausforderungen bei der Planung und Weiterentwicklung neuer Weiterbildungsangebote

In ihrem Beitrag geht Dr. Daniela Ahrens der Frage nach, welche Erwartungen aus Beschäftigtenperspektive an Weiterbildungsformate formuliert werden und welche Effekte der durch die Corona-Pandemie initiierte Digitalisierungsschub auf die Angebotsgestaltung von Weiterbildungsanbietern hat. Sie bezieht sich dabei auf Ergebnisse des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts „Smartes Lernen in der Logistik“ und kommt zu dem Ergebnis, dass gerade mit Blick auf die heterogene Gruppe der Geringqualifizierten die institutionelle Zielgruppenansprache hinsichtlich ihrer Konstituierungskriterien ein bislang vernachlässigtes Forschungsdesiderat seien.

Günther Heil: Generalistische Pflegeausbildung – Das Fundament ist gegossen, doch welche Folgen ergeben sich für die Weiterbildung?

Günther Heil vom GGSD weist in seinem Beitrag darauf, dass es nach dem Pflegeberufegesetz mit der Vereinheitlichung der Berufsbilder Kinderkrankenpflege, Altenpflege und Gesundheits-/Krankenpflege an der Zeit ist, ein konsistentes Weiterbildungssystem hinzuzufügen.

Eckhard Geitz: Betriebliches Integrationsmanagement – Eine zentrale Lücke in der Personalentwicklung und Weiterbildung in Pflegeberufen

Das Gesundheitssystem und die Pflegeausbildung nimmt ebenfalls Eckhard Geitz vom Bildungsinstitut im Gesundheitswesen (BiG) in Essen in den Blick. Sein Fokus liegt auf dem Betriebliches Integrationsmanagement, das nach seiner Auffassung eine zentrale Lücke in der Personalentwicklung und Weiterbildung in Pflegeberufen darstellt und entsprechend weiterentwickelt werden muss.

Clarissa Pascoe, Mattia Lisa Müller, Martin Frenz: Berufliche Fortbildung in Fachschulen – Durchlässig in das Hochschulsystem

In dem Beitrag von Clarissa Pascoe; Mattia Lisa Müller; Prof. Martin Frenz von der Technischen Hochschule Aachen wird der Frage nach der Gestaltung der Übergangsmöglichkeiten vom System beruflicher Bildung nachgegangen, speziell von der Fachschule für Technik in affine Studienprogramme des Hochschulsystems. Dafür wird zunächst die aktuelle rechtliche Situation beschrieben, bevor drei empirische Studien zur Durchlässigkeit die Perspektive der Fachschulen sowie die Sicht von Studierenden mit dem Abschluss staatlich geprüfter Techniker/staatlich geprüfte Technikerin aufgreifen.

Klaus Jenewein, Olga Zechiel: Reziproke Durchlässigkeit zwischen dem Fachschul- und Hochschulsystem – Handlungskonzept

Prof. Dr. Klaus Jenewein und Dr.-Olga Zechiel von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg knüpfen in ihrem Beitrag an den vorhergehenden Beitrag von Clarissa Pascoe et al. an und nehmen das Verhältnis von akademischer und beruflicher Bildung auf dem DQR-Niveau 6 in den Blick. Neben der Verbesserung der reziproken Durchlässigkeit auf der DQR Stufe 6 werfen sie aber auch die Frage des Übergangs aus den Fachschulen für Technik in das berufliche und akademische Masterniveau (DQR 7) auf, die für die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit beruflicher Bildung hoch bedeutsam ist.

Jörg Kunkel: Die Qualifizierungsoffensive Chemie – Ein sozialpartnerschaftlicher Ansatz, aber kein Selbstläufer

In seinem Beitrag stellt Jörg Kunkel von der IGBCE dar, welche Schritte die Sozialpartner vereinbart und unternommen haben, um das lebensbegleitende Lernen in der chemisch-pharmazeutische Industrie zu befördern. Er weist in seinem Beitrag darauf hin, dass dies wichtige Schritte seien, es aber weiterhin Aufgabe der Gewerkschaften und ihrer Betriebsräte ist, das Zukunftsthema Weiterbildung im Fokus zu behalten.

Indira Dupuis: Zum höherqualifizierenden beruflichen Fortbildungsangebot in der Chemiebranche

Dr. Indira Dupuis von der Stiftung Arbeit und Umwelt der IG BCE knüpft mit ihrem Beitrag unmittelbar an den Beitrag von Jörg Kunkel an. Sie stellt das Konzept der höherqualifizierenden beruflichen Fortbildung in der chemischen Industrie dar. Durch dieses Konzept werden individuelle Karriereoptionen im Anschluss an eine Berufsausbildung ermöglicht, die auch das Ziel haben, die Attraktivität der beruflichen Bildung zu erhalten.