Editorial

„Beruflichkeit“, „Akademisierung“, „Fachkräftegewinnung“ – bei all diesen Themen spielt das Thema „Durchlässigkeit zwischen der beruflichen und der hochschulischen Bildung“ eine große Rolle, vor allem wenn es um die Attraktivität der beruflichen Bildung für Schulabgänger*innen und die Wahl ihres Weges in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt geht.  Das Thema hat auch einen großen Stellenwert in einer Reihe von zentralen Gremien, die sich mit der Zukunft der beruflichen Bildung befassen. Genannt seien z.B. die Enquete Kommission für berufliche Bildung, die Nationale Weiterbildungsstrategie oder die AG Durchlässigkeit des BiBB-Hauptausschusses. Dies zeigt, dass das Thema auf der Agenda weit oben steht.

Andrä Wolter: Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung – Wo steht Deutschland heute?

Prof. Dr. Andrä Wolter startet in seinem Überblicksbeitrag „Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung – Wo steht Deutschland heute“ mit einer Beschreibung der historischen Hintergründe für die bestehende Segmentierung zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung. Berücksichtigung findet hier auch die Beschreibung der Veränderungen in der Sekundarstufe II. Die Beschreibung von Formen der Verknüpfung zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung sowie Übergängen aus beruflicher Bildung und Berufstätigkeit in die Hochschule sowie der damit verbundenen Diskussion über die Studierfähigkeit sind die zentral für seinen Beitrag.

Julia Flasdick M.A. : Mit Durchlässigkeit gegen den Fachkräftemangel – und für eine starke Berufliche Bildung!

Julia Flasdick vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) beschreibt in ihrem Beitrag „Mit Durchlässigkeit gegen den Fachkräftemangel – und für eine starke Berufliche Bildung!“ aus der Perspektive der Wirtschaft was unternommen werden muss um die Berufsausbildung zu stärken. Hierzu gehören aus der Sicht der Autorin unterschiedliche Ansätze, wie die Gewinnung von Hochschulaussteigern für die Berufsbildung als auch für die höhere Berufsbildung oder die Verbreitung hybrider Bildungsformate. Im Ergebnis sieht sie integrierte Bildungsformate durchaus als Potenzial für die Deckung zukünftiger Qualifikationsanforderungen, wenn die tatsächlichen Bedarfe der Wirtschaft von Anbeginn an in die Konzeption einbezogen und deren Vertreter*innen in die Modellentwicklung eingebunden werden.

Uwe Elsholz, Ariane Neu: Hybride Bildungsformate – Instrumente zur Förderung von Durchlässigkeit?

Hybride Bildungsformate sind mehr als duale Studiengänge auch die studienintegrierende Ausbildung oder verzahnte Orientierungsangebote sind hierzu zu rechnen. Prof. Dr. Uwe Elsholz und Ariane Neu von der Fernuniversität Hagen hinterfragen in ihrem Beitrag „Hybride Bildungsformate – Instrumente zur Förderung von Durchlässigkeit?“ die Auswirkung dieser Bildungsformate auf die Durchlässigkeit.

Bernd Kaßebaum: Studium und Beruf(lichkeit) – ein Vorschlag für mehr Durchlässigkeit

Ausgangspunkt des Beitrags „Studium und Beruf(lichkeit) – ein Vorschlag für mehr Durchlässigkeit“ von Dr. Bernd Kassebaum ist, dass Hochschulen mittlerweile Orte wissenschaftlicher und beruflicher Bildung geworden und Hochschulen gefordert sind, Studierende auf die damit verbundenen – beruflichen – Praxisfelder vorzubereiten. Er vertritt die These, dass ein modifiziertes Konzept von Beruflichkeit geeignet ist, sowohl für die berufliche wie auch hochschulische Bildung Konzepte zu entwickeln, um berufliche Lernprozesse zu konzipieren.

Ansgar Klinger: Berufliche Hochschule Hamburg – Förderung der Durchlässigkeit oder Sonderweg?

Ansgar Klinger, GEW Hauptvorstand, beschreibt in seinem Beitrag „Berufliche Hochschule Hamburg – Förderung der Durchlässigkeit oder Sonderweg?“ die Entstehung, Hintergründe und den Stand der beruflichen Hochschule Hamburg (BHH), die ihren Betrieb zum Sommersemester 2021 aufnehmen soll. Damit wird ein Qualifizierungspfad angeboten, der nicht wie das duale Studium zwei Bildungsgänge nebeneinanderstellt, sondern den Anspruch erhebt, berufliche und akademische Bildung enger miteinander zu verbinden und zu verzahnen. Seiner Auffassung nach sollte sich die BHH mittelfristig auch der Verbindung von Ausbildung und Studium in den zukunftsträchtigen vollzeitschulischen Berufen des Gesundheits-, Sozial- und Erziehungswesens widmen.

Peter Sloane: Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Bildung und deren Stellenwert in der Gesellschaft – eine Positionsbestimmung

Während die berufliche Bildung in der aktuellen Diskussion häufig noch um Anerkennung ringt und Fragen der Attraktivitätsseigerung der beruflichen Bildung im Vordergrund stehen, kommt Prof. Dr. Peter Sloane von der Universität Paderborn in seinem Beitrag „Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Bildung und deren Stellenwert in der Gesellschaft – eine Positionsbestimmung“ zu einem etwas anderen Ergebnis. Er folgert aus seinen Analysen, dass Hochschulen zurzeit kaum in der Lage wären, berufliche Lehr- und Lernarrangements, wie sie von beruflichen Schulen und Betrieben oder in Fachschulen und Akademien umgesetzt werden, zu realisieren.

Kai Gehring, MdB: Meisterstück für Gleichwertigkeit

Kai Gehring, Mitglied des Deutschen Bundestages für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, spricht sich in seinem Beitrag „Meisterstück für Gleichwertigkeit“ für die Herstellung einer tatsächlichen Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung aus, um insbesondere neue Chancen für beruflich Qualifizierte zu erreichen. Wahlfreiheit ist das zentrale Stichwort für ihn. Dies darf aber nicht nach der Entscheidung über den beruflichen Ausbildungsgang aufhören, sondern muss auch im späteren Erwerbsleben gegeben sein um keine Sackgassen zu erzeugen.

Roman Jaich, Uta Kupfer: Zu einem ausgewogenen Verhältnis von beruflicher und akademischer Bildung

Uta Kupfer und Dr. Roman Jaich hinterfragen in ihrem Beitrag „Zu einem ausgewogenen Verhältnis von beruflicher und akademischer Bildung – Ist das Konzept der Durchlässigkeit hierfür förderlich?“, ob Durchlässigkeit ein Konzept zur Erhöhung der Attraktivität der dualen Berufsausbildung sein kann. Im Ergebnis kommen sie zu dem Schluss, dass ein Konzept „Durchlässigkeit“ durchaus seine Berechtigung hat. Wenn es aber darum geht, die Attraktivität der Berufsbildung zu erhöhen, sind andere Konzepte wie z.B. die Förderung von Gleichwertigkeit besser geeignet.