Editorial: Für eine neue Kooperationspraxis
Dr. Roman Jaich (ver.di Bundesverwaltung und Mitglied der Redaktionsgruppe von DENK-doch-MAL), Dr. Bernd Kaßebaum (Mitglied der Redaktionsgruppe von DENK-doch-MAL) und Prof. Dr. Manfred Wannöffel (Geschäftsführender Leiter der Gemeinsamen Arbeitsstelle RUB/IGM)
Der Rat wissenschaftlicher Expertinnen und Experten war selten so gefragt wie in dieser von Corona-Epidemie, Klimakatastrophe, digitaler Transformation und von zugespitzten sozialen Krisen geprägten Zeit. Selten war die Bedeutung von Wissenschaft so stark, nimmt sie aufgrund ihrer Expertise Einfluss auf die öffentliche Debatte und auf politische Entscheidungen. Selten wurde aber – und dies ist die Kehrseite – wissenschaftliche Forschung in Öffentlichkeit und Politik so kontrovers diskutiert, in Frage gestellt oder durch Wellen von Fake-News relativiert. Politische und wissenschaftliche Öffentlichkeit sind durch die sozialen Medien einem weitreichenden Wandel unterworfen.
In dieser Ausgabe soll es um einen Aspekt der aktuellen Debatte um die gesellschaftliche Funktion von Wissenschaft gehen, nämlich um das Verhältnis von Wissenschaft und sozialer Praxis, speziell um das Verhältnis von Wissenschaft und Gewerkschaften.
Der Art. 5, Abs. 3 des Grundgesetzes sichert die Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre. Doch diese Freiheit ist aus historischen und politischen Gründen eingeschränkt: „Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ (ebd.). Wissenschaft zeichnet sich aus durch die objektive, falsifizierbare, wissenschaftliche Wahrheit, durch Redlichkeit und methodische Transparenz. Das Grundgesetz gibt ihr einen politischen und rechtlichen Rahmen. Die Freiheit der Wissenschaft „findet (…) in einem Korridor statt“[1], einem Korridor, der neben den genannten Rahmenbedingungen auch ganz banal durch wissenschaftspolitische, ökonomische und soziale Entscheidungen über Hochschulgründungen, Lehrstühle und Stiftungslehrstühle, Drittmittelvergaben und hochschulinternen Leitungsstrukturen geprägt ist. Wissenschaft ist implizit und explizit somit auch Ausdruck sozialer und politischer Interessen und rechtlicher Rahmenbedingungen.
Gerade in den Bereichen der Wissenschaft, die u.a. aus der Kritik an „wertfreier“ Wissenschaft, die kunstvoll von diesen sozialen Kontexten zu abstrahieren weiß, entstanden ist, werden folgerichtig auch die gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsprozesse reflektiert, in denen wissenschaftliche Erkenntnis entstehen und sich vermitteln kann. Dazu gehört die Anerkennung eines gegenseitigen Verhältnisses von Wissenschaft und Gesellschaft in der Weise, dass auf der Basis freier Wissenschaft wissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Interessen in einem spezifischen Verhältnis von Theorie und Praxis miteinander verbunden sind. Wissenschaft in gesellschaftlicher und ökologischer Verantwortung – so die gewerkschaftliche Programmatik – entsteht in Anerkennung dieser Zusammenhänge, und sie wird praktisch zur Überwindung von Ausbeutung, Ungerechtigkeit und Naturzerstörung.
Namentlich in der (kritischen) Arbeitsforschung[2] wurde seit den 1970er Jahren in enger Verbindung zum HdA-Programm eine Reihe von Konzepten entwickelt, mit denen versucht wurde (wird), das Verhältnis von Wissenschaft und sozialer Praxis produktiv aufeinander zu beziehen, produktiv einerseits in Bezug auf Fragestellungen, Ressourcen und Erfahrungen und andererseits produktiv in Bezug auf die Erkenntnisse und Methoden einer arbeitsorientierten Wissenschaft und Forschung. Gleiches darf auch für eine (kritische) Bildungsforschung konstatiert werden, die Bildung als Beitrag gegen Ungerechtigkeit und für die individuelle und gesellschaftliche Emanzipation versteht. Gab es in diesen Jahrzehnten noch eine relativ breite Basis für arbeitsorientierte Wissenschaft, haben die weitreichenden Vermarktlichungsprozesse nicht nur neue und zusätzliche Anforderungen an die gewerkschaftliche Interessenvertretung gestellt. Auch die Produktions- und Reproduktionsbedingungen von Wissenschaft in der „unternehmerischen Hochschule“ haben die Spielräume für kritische Wissenschaft deutlich eingeschränkt und damit auch die Frage aufgeworfen, wie politisch noch die Soziologie (in Vertretung anderer Wissenschaften) sei.[3] Daraus darf man nicht nur die Frage ableiten, was heute den Kern kritischer Wissenschaft ausmacht, sondern ebenso fragen, was die Gewerkschaften als ein wesentlicher gesellschaftlicher Akteur tun können, um die Bedingungen für diese Wissenschaft zu verbessern.
Es scheint klar, dass sich ein die Wechselbeziehungen von Wissenschaft und Gesellschaft reflektierendes Verständnis von arbeitsorientierter, kritischer Wissenschaft nicht nur aus sich selbst, also im (strittigen) Diskurs der Wissenschaftsakteure entwickeln kann, sondern es auch der Initiative von außen, der Nachfrage, Intervention und des Dialogs, der kritischen Stimme in der Hochschul-, Wissenschafts- und Forschungspolitik, aber auch der Arbeits- und Betriebspolitik bedarf.[4]
In dieser Ausgabe von DENK-doch-MAL geht es in verschiedenen Beiträgen, von verschiedenen Blickwinkeln und vor dem Hintergrund unterschiedlicher Erfahrungen um das Verhältnis von Wissenschaft und Gewerkschaften. Gewerkschaften brauchen Wissenschaft, um angesichts der umfassenden Krisen ihre strategische und inhaltliche Handlungsfähigkeit nicht zu verlieren. Sie benötigen Analyse, Orientierung und Handlungsoptionen. Wissenschaft kann aus dem Dialog und der Kooperation mit gewerkschaftlicher Praxis aktuelle und brisante Problemstellungen in wissenschaftliche Arbeit überführen. War die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gewerkschaften in den siebziger und nachfolgenden Jahren noch von diesem „Transfer-Modell“ geprägt, in dem eine Seite Erkenntnisse liefert, die der anderen Seite zur Umsetzung angeboten wurde, hat sich das Theorie-Praxis-Verhältnis in den nachfolgenden Jahren bis in die Gegenwart in vielfältige neue Dialog- und Kooperationsmodelle ausdifferenziert.
Eine der gegenwärtigen zentralen Frage- und Problemstellungen in dem Verhältnis von Wissenschaft und Gewerkschaften ist, wie Arbeitsforschung das implizite Erfahrungswissen der sozialen Akteure in den Erkenntnisprozess integrieren und in den disziplinär strukturierten, wissenschaftlichen Institutionen verankern kann. Dies hat wissenschaftstheoretische Bezüge, wie die Diskussionen über das Selbstverständnis einer anwendungsorientierten Wissenschaft oder über die Schlussfolgerungen für Wissenschaft in der Debatte um das gewandelte Verhältnis von Wissenschaft und Praxis im „Third Space“ veranschaulichen.
Mit Blick auf und aus Sicht der Gewerkschaften ergibt sich daraus ein spannungsreiches und erfahrungsgesättigtes Beziehungsgeflecht zwischen Gewerkschaften und den Arbeitswissenschaften und ihren Akteuren. Wissenschaftliche Arbeit folgt anderen Regelwerken und in der Regel auch anderen Zeithorizonten als sie die Anforderungen und Initiativen gewerkschaftlicher Arbeit zugrunde legen können. Und – immer wieder kommt es zu einer Diskussion über das Verhältnis von wissenschaftlicher Erkenntnis und (gewerkschaftlicher) Praxis. Auch anwendungsbezogene Wissenschaft sieht ihren Focus in der Analyse, nicht in der Entwicklung von Umsetzungsvorschlägen. Gewerkschaftliche Praxis dagegen drängt auf Umsetzungsvorschläge und wissenschaftsbasierte Beratung. Kaum ein Forschungsprojekt kennt diese Diskussion über die Anforderungen, Möglichkeiten und Begrenzungen von Transfer in die Praxis und das darauf gründende Spannungsverhältnis nicht.
Das Heft kann und soll natürlich nur ausgewählte Aspekte dieses spannungsreichen Zusammenhangs erörtern. Im Vordergrund steht die Frage, wie sich das Verhältnis von Gewerkschaften und Arbeitswissenschaften gegenwärtig darstellt und wie es im Sinne eines gemeinsamen Lernprozesses vertieft und verbessert werden kann. Diese Fragestellung ist nicht banal, da einerseits der Handlungsdruck auf Gewerkschaften steigt, sie zugleich aufgrund verschiedener ökonomischer, technologischer und politischer Prozesse an Einfluss verlieren. Andererseits sieht sich auch Wissenschaft einem zusehenden Legitimationsdruck in einem Kontext der Ökonomisierung von Wissenschaft und Forschung ausgesetzt, der Raum für kritische und arbeitsorientierte Wissenschaft zunehmend begrenzt.
Wir wollen diese hier angedeuteten Fragen in zwei Themenfeldern diskutieren:
- Wir möchten die konzeptionelle Debatte aufnehmen und nach Standort und möglichen Perspektiven arbeitsorientierter Wissenschaften fragen.
- Wir wollen VertreterInnen verschiedener Institutionen fragen, wie sich aus ihren jeweiligen institutionellen Kontexten die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gewerkschaften darstellt und wie sie im Sinne gemeinsamer Lernprozesse verbessert werden könnte.
Hans Jürgen Urban, der als geschäftsführendes Vorstandsmitglied und zugleich als Privatdozent auf beide Seiten der gewerkschaftlichen und wissenschaftlichen Praxis schaut, verbindet in seinem Beitrag zwei zentrale Themen. Erstens nimmt er aufbauend auf der Analyse der krisenhaften Entwicklungen des Gegenwartskapitalismus den Diskurs über die „Ökologie der Arbeit“ auf, aus seiner Sicht eine, vielleicht die zentrale gewerkschaftliche Strategie im Rahmen der sozial-ökologischen Transformation. Damit entwickelt Hans Jürgen Urban ein Diskursangebot an kritische Wissenschaft, das er entlang der auch von ihm in die wissenschaftliche Diskussion eingeführten Konzeption der „Öffentlichen Soziologie“ (Buroway) ausführt. Daraus leitet Hans Jürgen Urban die Notwendigkeit und Möglichkeit neuer Formen der Kooperation zwischen Wissenschaft und Gewerkschaften ab. Ein zentraler Ansatz ist der Vorschlag der „autonomen Kooperation“, eine Kooperation, „welche von der praxisorientierten Soziologie als Chance verstanden wird, ihre Forschung auf die realen Probleme von Arbeit und Gesellschaft zu richten“, eine Kooperation, die „auf einer Kultur des gegenseitigen Respekts vor den jeweiligen gesellschaftlichen Rollen, den Anerkennungskulturen des jeweiligen Feldes und den unterschiedlichen Arbeits- und Verkehrsformen“ basiert.
Manuela Maschke, Referatsleiterin in der Hans-Böckler-Stiftung und Manfred Wannöffel, langjähriger Geschäftsführer der Gemeinsamen Arbeitsstelle von Ruhr-Universität und IG Metall und Hochschullehrer an den Fakultäten für Sozialwissenschaft und Maschinenbau der RUB, stellen die Konzeption der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis in den Vordergrund. „Gesucht“ – so die Autoren – „wird (…) ein Konzept, das Erfahrungswissen aus der Praxis bereits im Arbeitsprozess der Forschung einbezieht.“ Zentral seien dabei Transdisziplinarität und Beteiligung. Nach ihrer Auffassung sollten Problemstellungen und Erfahrungen aus der Praxis von Beginn eines Forschungsprozesses einbezogen sein, „um einen möglichst hohen Mehrwert für die Praxis zu erreichen, ohne sich dabei dem Vorwurf der Parteilichkeit und damit der Unwissenschaftlichkeit auszusetzen, wie es beim Konzept der arbeitnehmerorientierten Forschung und der Aktionsforschung über viele Jahrzehnte der Fall war.“ Eine mögliche Perspektive finden beide in der Konzeption der „Transferforschung“, die als dialogischer und rekursiver Prozess zwischen Forschung und Praxis entwickelt wird. Sowohl aus der Forschungsförderpraxis der Hans-Böckler-Stiftung wie aus den Forschungsaktivitäten, die die Gemeinsame Arbeitsstelle RUBIGM im Verbund mit anderen Akteuren aus Wissenschaft und sozialen Praxis durchführt, wird das Konzept an Beispielen erläutert.
Martin Kuhlmann, Arbeitssoziologe und Direktor am Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI) e.V. an der Universität Göttingen, blickt zunächst kurz zurück auf die lange Geschichte der Kooperation von Wissenschaft und Gewerkschaften. Am Beispiel einer „Forschungslinie Innovative Arbeitspolitik“, die Arbeitswirkungen neuer Organisationskonzepte unter dem Gesichtspunkt untersucht, inwieweit sie mit Arbeitsverbesserungen einhergehen, benennt er anschließend Formen der Kooperation von Forschung und Praxis, die den Praxisbezug der Wissenschaft stärken und eine direkte Zusammenarbeit mit gewerkschaftlichen Praktikerinnen und Praktikern ermöglichen. Ausgangspunkt hierfür sind gemeinsame Fragen wie die nach den Wirkungen arbeitspolitischer Konzepte oder nach Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten. Betont wird, dass sich hieraus Konsequenzen bis in die Forschungsmethoden hinein ergeben.
Thomas Haipeter, Leiter der Forschungsabteilung Arbeitszeit und Arbeitsorganisation am Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (IAQ), stellt am Beispiel des öffentlich geförderten und mit dem DGB (NRW), der IG BCE, der IG Metall und der NGG gemeinsam durchgeführten Projekts „Arbeit 2020“ ein für ihn wichtiges Beispiel einer sinnvollen Kooperation zwischen Wissenschaft und Gewerkschaft vor. Das besondere dieser Zusammenarbeit resultiere aus der Tatsache, dass sie für eine Qualität von Projekten stehe, „in denen Gewerkschaften und Wissenschaft in ihrer Vertretungs- und Forschungspraxis zusammenarbeiten und ihre jeweiligen Ziele und Interessen aktiv koordinieren und wechselseitig von ihren unterschiedlichen Kompetenzen partizipieren können.“ Im Unterschied zu anderen Formen der Zusammenarbeit sei bemerkenswert, dass die Arbeitsforschung „in das Projektdesign und damit in die Reflexion der Perspektiven integriert wurde.“
Frank Mußmann, Leiter der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften an der Georg-August-Universität Göttingen, zeichnet in seinem Beitrag zunächst den Debattenprozess in und zwischen den Kooperationsstellen bzw. zwischen ihnen und den Gewerkschaften nach. Die Kooperationsstellen sind in den ca. fünfzig Jahren ihres Bestehens zu einer eigenständigen institutionellen Struktur der Zusammenarbeit geworden sind. Kooperationsstellen sind „intermediäre Einrichtungen an den Schnittstellen zwischen Wissenschaft und der Arbeitswelt. Ganz im Sinne der, neben Forschung und Lehre, Third Mission der Hochschulen besteht ihr Anspruch darin, Wissenschaft und Forschung gegenüber gesellschaftlichen Akteuren zu öffnen und sich den spezifischen Fragestellungen aus der Arbeitswelt zu widmen.“ Die Arbeit der Kooperationsstellen wird in Bezug auf die Handlungsdimensionen und die praktizierten Kooperationsformen zwischen Wissenschaft, Hochschule und Arbeitswelt diskutiert sowie anhand zentraler Projekte der Kooperationsstelle Göttingen erläutert. Ein zentrales Fazit ist, dass die Kooperationsstellen im Wissenschaftsumfeld Anerkennung durch ein eigenständiges Forschungsprofil und eine gute Verbindung zur Lehre, etwa durch die Bereitstellung von Praktika und kleinere Forschungsbeiträge, entwickeln müssen, wollen sie ihrem Anspruch als vermittelnde Institution zwischen den beiden Welten gerecht werden.
Roman Jaich, Wissenschaftlicher Mitarbeiter von ver.di und Mitarbeiter in der Redaktionsgruppe von DENK-doch-MAL, stellt Historie und Selbstverständnis des Wissenschaftlichen Beraterkreises von ver.di und IG Metall zu Fragen der gewerkschaftlichen Bildungspolitik vor. Der Beraterkreis steht dabei für eine Reihe ähnlich strukturierter Formen der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler/innen und Gewerkschaften. Einige Aspekte dieser Kooperation werden auch in dem nachfolgenden Interview beleuchtet. Mit der Schrift „Bildung ist keine Ware“ hat sich der Beraterkreis eine bis in die aktuelle Gegenwart bedeutsame Programmatik gegeben. Neben einem Blick in die Historie des Wissenschaftlichen Beraterkreises wird in dem Beitrag vor allem der produktive Charakter einer Kooperation herausgestellt, die vor dem Hintergrund verschiedener wissenschaftlicher Fächer und aus der „Reibung“ aus unterschiedlichen wissenschaftlichen und gewerkschaftlichen Funktionen entsteht.
Martin Allespach, Präsident der University of Labour, Leiter und Direktor der Europäischen Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt sowie einer von zwei Geschäftsführern der Academy of Labour, stellt die Konzeption der University of Labour in Frankfurt am Main vor. Diese Hochschule ist nicht nur besonders, weil sie von den Gewerkschaften und hier vor allem von der IG Metall getragen wird. Sie zeichnet sich auch durch ihr Curriculum, ihre Forschungskonzeption und ihre studentische Zielgruppe aus. Arbeit und Mitbestimmung sind die zentralen Kristallisationspunkte des berufsintegrativen Studiums. Lehre und Forschung sind interdisziplinär und anwendungsbezogen. Die Studienangebote wenden sich an Betriebs- und Personalräte, haupt- und ehrenamtliche Gewerkschafter/innen, Ausbilder/innen, Personalentwickler/innen sowie an Beschäftigte in Personalabteilungen. Diese Konzeption basiert sowohl in der Lehre wie in der Forschung auf einem spezifischen Verhältnis von (anwendungsbezogener) Theorie und (wissenschaftsreflektierter) Praxis und ist damit ein übertragenswertes Beispiel guter Lehre und praxisbezogener Forschung.
In dem abschließendenInterview mit Uta Kupfer (ver.di), Sabine Pfeiffer (Universität Erlangen-Nürnberg), Thomas Ressel (IG Metall) werden Aspekte einer gegenwärtigen und durchaus verbesserungswürdigen Kooperation von Wissenschaft und Gewerkschaften beleuchtet. Dabei stellt sich heraus, dass der Wandel von Hochschule und Wissenschaft durchaus auch mit neuen Herausforderungen an anwendungsbezogene, kritische und arbeitsorientierte Wissenschaft verbunden ist, weil Freiräume erhalten und neu geschaffen werden müssen. Gewerkschaften haben hierbei durchaus eine wichtige wissenschaftspolitische Funktion. Aus Sicht der Gewerkschaften ist bemerkenswert, dass die gegenwärtig stattfindenden Transformationsprozesse einerseits den Bedarf an kurzfristiger Unterstützung, andererseits aber auch den Bedarf an grundsätzlicher, längerfristig angelegter und orientierender Wissenschaft wachsen lassen. Die gemeinsame Arbeit unserer Interviewpartnerinnen im Wissenschaftlichen Beraterkreis wird als ein Beispiel für eine Kooperationspraxis herangezogen, die Hans Jürgen Urban in seinem Beitrag als „autonome Kooperation“ bezeichnet hat.
Am Ende der Ausgabe verweisen wir auf einige wenige lesenswerte Veröffentlichungen zu dem Verhältnis von Gewerkschaften und Wissenschaften.
Verweisen möchten wir auf die Beiträge in der DENK-doch-MAL-Ausgabe 01/2019: Die „öffentliche“ Hochschule: Streitraum Hochschule – Streit um Hochschule (siehe https://denk-doch-mal.de/wp/Ausgaben/01-19-die-oeffentliche-hochschule-streitraum-hochschule-streit-um-hochschule/ ). Hier werden hochschulpolitische Aspekte des Themas bearbeitet.
Roman Jaich
Bernd Kaßebaum
Manfred Wannöffel
[1] Alex Demirovic: Wissenschaftsfreiheit, in: Forum Wissenschaft Heft 2/2021, S. 5
[2] Wir gebrauchen den Begriff der Arbeitsforschung (oder Synonym „arbeitsorientierter Wissenschaft“) als Oberbegriff für wissenschaftliche Fragestellungen u.a. aus der Arbeits-, Bildungs-, Qualifizierungs-, Betriebs- und Mitbestimmungspolitik.
[3] Wir erinnern z.B. an Wolfgang Streeck: Der öffentliche Auftrag der Soziologie, in: Leviathan 1/2012,
[4] vgl. dazu die Beiträge in der Ausgabe 1/2019: Die öffentliche Hochschule. Streitraum Hochschule – Streit um Hochschule: https://denk-doch-mal.de/wp/Ausgaben/01-19-die-oeffentliche-hochschule-streitraum-hochschule-streit-um-hochschule/