Marvin Hopp (Sozialökonom, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Soziologie der Universität Göttingen) und Ann-Kathrin Hoffmann  (studiert im Master Erziehungswissenschaft und Geschichte in Bochum und in der Tarifbewegung studentischer Beschäftigter (TVStud) aktiv)

1. Von der stillen Masse zum ersten lauten Aufschrei

„Nur hier in Berlin gibt es einen Tarifvertrag, und nur hier in Berlin hat sich deshalb so eine Arbeitnehmermentalität unter den Tutoren und Studenten ausgebreitet, eine Mentalität, die da überhaupt nichts zu suchen hat“ (Mackenthun, 1986: 105). Mit dieser Auffassung, die der ehemalige Berliner Wissenschaftssenator Prof. Dr. Wilhelm Kewenig (CDU) angesichts der Forderung nach dem Fortbestehen des erst wenige Jahre davor erstmals vereinbarten Tarifvertrags für studentische Beschäftigte an Hochschulen in einem Interview äußerte, ist er im Kreise von Professor*innen und Wissenschaftsministerien bis heute nicht allein. Knapp 40 Jahre später steht sie immer noch exemplarisch für die Haltung der Arbeitgeberseite von Hochschulrektorenkonferenz (HRK) bis Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Anderslautende Absichtserklärungen in Koalitionsverträgen und von Minister*innen von zwischenzeitlich bis zu zehn Bundesländern schlugen sich bislang nicht im Abstimmungsverhalten der TdL-Mitglieder nieder, die sich zuletzt 2023 in einer internen Sitzung im Rahmen der Tarifrunde der Länder einstimmig sowohl gegen eine Tarifierung im Flächentarifvertrag als auch die Öffnung für Tarifverhandlungen auf Länderebene aussprachen (TVStud 2023a; 2023b). Bis heute sind von den bundesweit über 300.000 studentischen und wissenschaftlichen „Hilfskräften“ und Tutor*innen, die in Lehre, Forschung und – entgegen von Bundesarbeitsgerichtssprechungen – oft auch in der technisch-administrativen Infrastruktur tätig sind, nur die Kolleg*innen in Berlin tariflich abgesichert. Hier gelang es 1980 erstmals, einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TVStud) abzuschließen, ihn 1986 gegen Angriffe zu verteidigen und zuletzt 2018 nach 41 Streiktagen in den TVStud III zu erneuern (Büchner et al. 1986; Bouali et al. 2018). Kleinere und größere Versuche, die Tarifierung auf weitere Bundesländer oder sogar die gesamte Fläche auszuweiten, waren immer wieder gescheitert (Gruber und Hoffmann 2025).

Mit der „schuldrechtlichen Vereinbarung“ stand am Ende der Tarifrunde der Länder 2023 erstmals eine beidseitige Regelung zu Mindestentgelten und -vertragslaufzeiten für studentische Beschäftigte (Dribbusch et al. 2024: 12; TVStud 2024a; ver.di 2025). Gleiches konnte Anfang 2024 ebenfalls erstmals im Land Hessen erzielt werden (TVStud 2024b), welches seit 2004 nicht mehr Mitglied des Arbeitsgeberverbands ist und daher als einziges Bundesland eigenständig mit den Gewerkschaften verhandelt. Der Ende 2020 begründeten, bundesweiten TVStud-Bewegung, die 2018/19 in Bremen und Hamburg ihren Anfang genommen hatte (Hoffmann/Hopp 2025a: 200ff.; Urbach et al. 2025), ist damit zusammen mit ihren Gewerkschaften ver.di und GEW nicht nur ein erster großer Meilenstein auf dem Weg zu einer bundesweiten Tarifierung studentischer Beschäftigter gelungen, sondern in gewisser Hinsicht auch, die Hochschule insgesamt als strategisch wichtiges Feld gewerkschaftlicher Erneuerung auf die Tagesordnung zu setzen. Den bisherigen Höhepunkt dieser Entwicklung stellte der Hochschulaktions- und streiktag am 20. November 2023 dar: unter dem Motto „Schluss mit prekärer Wissenschaft“ organisierten Studierende und Beschäftigte status- und beschäftigtengruppenübergreifend Streiks an über 80 und Aktionen an mehr als 100 Hochschulen (Hoffmann/Hopp 2025b: 20).

Der vorliegende Beitrag skizziert die bildungs- und sozialpolitische Bedeutung studentischer Beschäftigung (2.1), gibt einen Überblick über ihre (prekäre) Beschäftigungssituation sowie die Strategie der TVStud-Bewegung und stellt deren organisationspolitische Bedeutung für Gewerkschaften innerhalb einer zunehmend akademisierten Arbeitswelt heraus (2.3). Der Ausblick auf die bereits Ende 2025 beginnenden Tarifrunden der Länder sowie des Landes Hessen endet mit einem Plädoyer für einen beschäftigtengruppenübergreifend und konfliktorientiert geführten Arbeitskampf an den Hochschulen – erstrecht in Zeiten massiver Kürzungen (3).

2. Zur Bedeutung des Arbeitskampfes studentischer Beschäftigter

2.1 Man muss es sich (immer noch) leisten können

63% der Studierenden in Deutschland gehen neben ihrem Studium einer Erwerbstätigkeit nach, wovon mehr als ein Drittel als Hilfskraft an einer Hochschule (17,8%) oder außerhalb, etwa an einer Forschungseinrichtung (21,3%) arbeitet (Kroher et al. 2023: 8, 12, 87). Hinzu kommen diejenigen Studierenden, die als (studentische) Angestellte in Technik und Verwaltung in öffentlichen wissenschaftlichen Einrichtungen tätig sind. Erwerbsarbeit in der Wissenschaft bildet damit in quantitativer Hinsicht den Kern des studentischen Arbeitsmarktes, womit wiederum dem öffentlichen Dienst, ergo dem Staat als größtem Arbeitgeber für Studierende, eine erhebliche Bedeutung zukommt. Vor diesem Hintergrund ist es besonders problematisch, dass zuständige Wissenschafts- und Finanzminister*innen ebenso wie Hochschulleitungen und die HRK dazu neigen, den Qualifizierungsaspekt der studentischen Beschäftigung überzubetonen, um hiermit u.a. die i.d.R. knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn rangierende Bezahlung und die ausbleibende Regulierung der Beschäftigungsverhältnisse zu rechtfertigen (Hopp et al. 2023a: 58). Gerade die geringe Entlohnung und fehlende Planbarkeit aufgrund von (Ketten-)Befristungen muss man sich auch heute immer noch „leisten können“ (Regelmann 2004). Es verwundert daher wenig, dass sozioökonomisch schlechter gestellte Studierende häufiger in außeruniversitären Nebenjobs arbeiten (müssen), um sich ihr Studium finanzieren zu können (Kroher et al. 2023: 90). Denn je niedriger der formale Bildungsabschluss der Eltern, desto geringer die finanzielle Unterstützung und damit die Möglichkeit, finanzielle Unsicherheiten wie ausbleibende Bezahlung o.Ä. zu kompensieren (Hopp et al. 2023a: 49). Mit knapp 40% bildet die studentische Beschäftigung für die Hilfskräfte und Tutor*innen die größte Einkommensquelle (ebd.: 65ff.). Die Eltern bleiben damit trotz Erwerbstätigkeit eine wichtige finanzielle Stütze. Können Eltern dies nicht leisten und wollen die Studierenden trotzdem in Forschung und Lehre arbeiten, müssen sie nicht selten „multijobben“: Knapp 44% der Befragten geben sogar an, mindestens zeitweise bereits zwei oder mehr Stellen gleichzeitig an einer Hochschule gehabt zu haben.

Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum, dass studentische Beschäftigte mit rund 61% überdurchschnittlich häufig aus Familien kommen, in denen mindestens ein Elternteil einen (Fach-)Hochschulabschluss hat, verglichen mit 52% unter Studierenden insgesamt (ebd.: 45). Neben den Beschäftigungsbedingungen bildet der Zugangsweg ein weiteres Moment herkunftsbezogener Selektion: 60% der Hilfskräfte und Tutor*innen wurden auf informellen Wegen rekrutiert (rund 41% etwa über die persönliche Ansprache von Dozierenden), wobei Studierende mit Migrationshintergrund oder mit Eltern, die über formal niedrige Bildungsabschlüsse verfügen, häufiger über die Bewerbung auf eine Ausschreibung an ihre Stelle gelangt sind (ebd.: 50f.). Die Folgen dieser sozio-ökonomischen Exklusivität studentischer Beschäftigung werden deutlich, wenn man die vielzitierte „Türöffner“-Funktion ebendieser für die akademische Karriere betrachtet, denn immerhin 75% aller Promovierenden haben zuvor als Hilfskraft oder Tutor*in gearbeitet (Lenger 2009, 121), womit sich die Ungleichheit über die Stufen der Karriereleiter fortschreibt. Dies macht die Frage nach Ausgestaltung und Regulierung der Beschäftigungsverhältnisse und ihrer Zugänglichkeit auch gleichstellungspolitisch bedeutsam (Hopp 2025, 68).

2.2 Eine (große) Ausnahme vom dualen System regulierter Arbeitsbeziehungen

Das „duale System“ aus der Kombination von Flächentarifvertrag und betrieblicher Mitbestimmung prägt immer noch in erheblichem Maße die Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Dienst (Schmidt/Müller 2025: 23; 67; 77). Dennoch sind studentische Beschäftigte seit Jahrzehnten von beidem ganz oder teilweise ausgenommen. Eine tarifliche Absicherung für Hilfskräfte und Tutor*innen besteht allein in Berlin sowie für diejenigen Studierenden, die in Technik, Verwaltung und Bibliotheken nach jeweils geltendem Tarifvertrag als (studentische) Angestellte beschäftigt werden. Damit existiert inmitten des weit überwiegend tarifierten öffentlichen Dienstes eine flexible, nicht-tarifierte Manövriermasse, die als Sachmittel und nicht als Personalkosten geführt wird und auf die nach Bedarf zurückgegriffen werden kann. In Zeiten selbstverschuldeter knapper Haushaltskassen und neoliberaler Steuerungsansätze des New-Public-Managements, die im Sinne der Effizienz zum permanenten Sparen in den Dienststellen „anregen“ sollen, befördert dies in letzter Instanz Tarifflucht auf dem Rücken von Studierenden.

Die Eindämmung durch Personalräte dürfte durch fehlende Selbstrepräsentation in den Gremien stark beeinträchtigt sein. Denn die Vertretungssituation gleicht in rechtlicher als auch praktischer Hinsicht einem Flickenteppich, der studentische Beschäftigte vielerorts mittel- oder gar unmittelbar von der betrieblichen Mitbestimmung ausschließt. Über vollständig wahrnehmbare Mitbestimmungsrechte in Form von studentischen Personalräten verfügen sie lediglich in Berlin und seit 2024 auch in Brandenburg (Hopp et al. 2023a: 23ff., 81, 156–166). Ursächlich für den vielfachen Ausschluss der Hilfskräfte und Tutor*innen vom aktiven und passiven Wahlrecht ist die oft kurze Vertrags- bzw. Beschäftigungsdauer. Nur in Berlin haben studentische Beschäftigte gesetzlich verankerte Mindestvertragslaufzeiten von vier Semestern; 83% verfügen hier über einen Vertrag für mindestens ein Jahr, mehr als die Hälfte sogar für zwei Jahre oder mehr (ebd.: 71). In Bremen, Hessen und Sachsen gelten immerhin gesetzliche Mindestvertragslaufzeiten von 6 bzw. 12 Monaten (ebd. 59). Dennoch lag die durchschnittliche Vertragslaufzeit außerhalb Berlins 2022 bei im Schnitt 5,7 Monaten – und das, obwohl die durchschnittliche Beschäftigungsdauer bei im Mittel 20,2 Monaten liegt (ebd.: 59; vgl. auch Sommer et al. 2022: 148–151). Im Rahmen ihrer Erwerbsbiografie sammeln studentische Beschäftigte also eine Vielzahl von Kurzzeit- und Kettenverträgen, sind sie mehr „als einmal an einer Hochschule beschäftigt, haben sie im Durchschnitt das dritte Mal in Folge auf derselben Stelle einen Arbeitsvertrag geschlossen“ (Hopp et al. 2023a: 59, 69ff.). Möglich wird dies durch § 6 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, welcher für die Höchstbeschäftigungsdauer von sechs Jahren der (sachgrundlosen) Befristung keine Grenzen setzt.

Die fehlende Regulierung in Verbindung mit der (Ketten-)Befristung und der weitgehend fehlenden Integration in Personalvertretungsstrukturen erhöht die ohnehin bestehende Machtasymmetrie zwischen studentischen Beschäftigten und ihren Vorgesetzten und führt zu einer weitreichenden Unterschreitung tariflicher und arbeitsrechtlicher Standards. Ersteres ist etwa dann der Fall, wenn Hilfskräfte und Tutor*innen regelmäßig Aufgaben leisten, die rechtlich in den Verantwortungsbereich des technischen oder administrativen Personals fallen und nach TV-L entlohnt werden müssten oder eigenständige wissenschaftliche Tätigkeiten ausgeübt werden (ebd.: 59; Hopp 2025: 70ff.). Zweiteres zeigt sich beispielsweise darin, dass jeweils knapp 40% der befragten studentischen Beschäftigten ihren Urlaub nicht oder nicht vollständig in Anspruch nehmen oder 52% ihre Krankheitstage mindestens manchmal nacharbeiten; jeweils knapp 17% geben zudem an, schon einmal ohne Vertrag bzw. Bezahlung gearbeitet zu haben (Hopp et al. 2023a: 59, 91). Gibt es eine zuständige Personalvertretung, wirkt sich dies wiederum, ebenso wie längere Vertrags- und Beschäftigungszeiten, positiv auf die Einhaltung von Arbeitnehmer*innenrechten und das Wissen darüber aus (ebd.: 91, 106f.).

Angesichts dieser rechtlichen Rahmenbedingungen und ihrer teils erheblichen Konsequenzen für die Arbeitsbedingungen bestehen die drei strategischen Kernforderungen der bundesweiten TVStud-Bewegung aus Tarifvertrag, vollen Mitbestimmungsrechten durch (studentische) Personalräte sowie umfassenden gesetzlich bzw. tariflich geregelten Mindestvertragslaufzeiten zur Eindämmung der Befristungspraxis (Hoffmann/Hopp 2025a: 203; 207f.). Alle drei Forderungen zielen dabei sowohl auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen als auch auf den Aufbau institutioneller Machtressourcen ab, um damit an den Hochschulen (dauerhaft) die Bedingungen für gewerkschaftliche (Selbst-)Organisierung und studentische Arbeitskämpfe zu schaffen (ebd.; Hopp/Hoffmann 2021).

2.3 Gewerkschaftliche Erneuerung im akademischen Feld

Die voranschreitende Akademisierung der Arbeitswelt führt zu einer wachsenden Bedeutung der hochschulischen Bildung. Als „Ausbildungszentrum“ der hochqualifizierten Lohnabhängigen der Zukunft führen sie dem Arbeitsmarkt in beständiger Kontinuität Arbeitskräfte zu, auf die Unternehmen immer dringender angewiesen sind. Dieser Wandel der Arbeitswelt in Verbindung mit den Entwicklungen der Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Dienst in den vorangegangen drei Jahrzehnten lässt dem Kampf um einen TVStud aus organisationspolitischer Sicht eine besondere Bedeutung zukommen. Zum einen steht der Kampf um mehr Tarifbindung im starken Kontrast zu der seit den 1990er-Jahren fortschreitenden Erosion der Flächentarifverträge, die mit einer Neuinterpretation der Rolle des Staates als Arbeitgeber einherging (Hopp/Mayer-Ahuja 2025). Dieser will sich nicht länger als „Modellarbeitgeber“ verstehen und mit „gutem Beispiel voran gehen“. Eine Tarifierung stünde folglich diametral zur bisherigen Politik – besonders auf Landesebene. Zum anderen erfüllen die Hochschulen eine Art Nadelöhr-Funktion innerhalb einer akademisierten Arbeitswelt: Mehr als die Hälfte eines jeden Jahrgangs beginnt mittlerweile ein Studium statt einer Berufsausbildung (Bund-Länder-Demografieportal 2022). Ihre oft ersten Berufserfahrungen machen sie damit in einem traditionell gewerkschaftsfernen Bereich, in dem sie in eine Arbeitswelt hineinsozialisiert werden, in der Tarifverträge, Mitbestimmung und die Einhaltung arbeitsrechtliche Standards nicht die Regel darstellen. Diese (Erst-)Erfahrungen beim Eintritt in den Arbeitsmarkt prägen das Lohnabhängigenbewusstsein (wie beispielsweise ihr Verständnis von Gewerkschaften) und damit auch die Voraussetzungen für die Organisierung von hochqualifizierten Lohnabhängigen insgesamt, deren Organisationsgrad 2021 gerade einmal bei rund 15% lag (Fulda 2022, 2).

Mit der Tarifbewegung studentischer Beschäftigter geht daher die Hoffnung auf eine nachhaltige gewerkschaftliche Erschließung des Wissenschaftsbetriebs einher. Denn die für die Wissenschaft typische, hohe Fluktuation, die (100%ige) Teilzeitquote mit teils sehr geringen Stundenumfängen, die (Ketten-)Befristungen, fehlende betriebliche Integration in kollegiale Strukturen und die hohe Informalität bei der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses verlangten von den gewerkschaftlichen Aktiven in besonderem Maße die Arbeit an einer effektiven Strategie. Im Ergebnis führte dies zu neuen Wegen der Ansprache, Erschließung und Kampagnenführung, die der Logik des akademischen Kalenders gerecht werden mussten. Dabei orientiert sich die TVStud-Bewegung stark am strukturbasierten Organizing (vgl. u.a. McAlevey 2019), das heißt dem systematischen Strukturaufbau durch persönliche „1 zu 1-Gespräche“, einer hohen Beteiligungsorientierung sowie einer offensiveren Konfliktführung. Die Kampagnenpläne arbeiten dabei mit klaren, dem Semesterrhythmus angepassten Ziel- und Aktionshorizonten sowie konkreten Anspracheinstrumenten (wie etwa Gesprächsbögen oder Streikversprechen) und Strukturtests (z.B. in Form von Kundgebungen vor Finanzministerien oder Aktionswochen) (Hoffmann/Hopp 2025a; Hopp et al. 2023b; Six et al. 2024; Hopp/Hoffmann 2021). Als vielversprechend für Aufbau und Kontinuität der Aktivenstrukturen hat sich vor allem der „Dreiklang“ aus einer Organizing-Konferenz für die Schulung und den Erfahrungstausch, ein darauffolgendes Organizing-Semester zum Strukturaufbau im Vorfeld der Tarifrunde und das anschließende Streiksemester mit einem bundesweiten, gemeinsamen (und beschäftigtengruppenübergreifenden) Aktionstag herausgestellt (Hoffmann/Hopp 2025b: 207f.). Die Zeit zwischen Tarifergebnis und der Vorbereitung der nächsten Organizingkonferenz kann dann schwerpunktmäßig der Information und Beratung der studentischen Kolleg*innen, den arbeitspolitischen Konflikten an den jeweiligen Hochschulen sowie der (landes-)politischen Lobbyarbeit, etwa bei Novellierungen der Hochschul- oder Personalvertretungsgesetze, gewidmet werden (ebd.).

3. Ausblick

Die schuldrechtlichen Vereinbarungen 2023 und die vorangegangenen Organisierungs- und Streikaktivitäten waren ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu regulierten Arbeitsbeziehungen einerseits und einer Intensivierung und Verstetigung gewerkschaftlicher Aktivitäten an Hochschulen andererseits. Mit den anstehenden Tarifrunden der Länder und des Landes Hessen zum Jahreswechsel 2025/26 haben es die studentischen Beschäftigten gemeinsam mit den anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder erneut in der Hand, materielle Verbesserungen und eine Tarifierung zu erstreiken. Angesichts der bisherigen Blockadehaltung der TdL und den wenig optimistisch stimmenden Vorzeichen aus der Tarifrunde des öffentlichen Dienstes Bund und Kommunen Anfang 2025 werden solidarische Bündnisse zwischen Studierenden und Beschäftigten, wie sie 2023 im Zuge des Hochschulaktionstages geschmiedet wurden, erneut unerlässlich sein. Ein Ergebnis des strategischen Lernens aus 2023 ist dabei, dass die Bewegung noch frühzeitiger beschäftigungsgruppenübergreifend Bündnisse bildet (in Form sogenannter betrieblicher und regionaler Arbeitskampfleitungen) und mit ihren Kolleg*innen an einer gemeinsamen Organisierungs- und Streikstrategie arbeitet. Angesichts der Kürzungspolitik im Bereich Bildung und Soziales, die die Hochschulen nicht allein, aber mit gleichwohl besonderer Härte trifft, haben sich die politischen Rahmenbedingungen nicht verbessert. Zugleich startet die Gewerkschaftsbewegung an den Hochschulen mit einer Menge an neuen Erfahrungen im Gepäck in die anstehende Tarifrunde und wird auf diesem Wege Antworten auf den konfrontativen Kurs der Politik finden müssen. Eine Erkenntnis, die in den letzten Tarifrunden dabei im Besonderen gereift ist, ist die Notwendigkeit, die politisch verantwortlichen Finanz- bzw. Innenminister*innen in ihrer Doppelrolle als Politiker*innen und Arbeitgeber*innen direkt zu adressieren und gezielt unter Druck zu setzen, da sie zwar nicht müde werden, die Wichtigkeit von Tarifbindung zu betonen, damit aber (immer noch nicht) die studentischen Beschäftigten meinen. Nur so kann 2025/26 mit der Durchsetzung des Tarifvertrags für studentische Beschäftigten der nächste wichtige Meilenstein gelingen, der langfristig die Aushandlung der Arbeitsbedingungen von Studierenden zum Gegenstand arbeitspolitischer Konflikte machen könnte.

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Autoren

  • Marvin Hopp ist Sozialökonom und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Soziologie mit den Schwerpunkten Arbeit, Unternehmen und Wirtschaft der Universität Göttingen. Von 2019 bis 2024 beteiligte er sich am Aufbau der bundesweiten TVStud-Bewegung.

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  • Ann-Kathrin Hoffmann war Bundessprecherin der Studierenden in der GEW, studiert im Master Erziehungswissenschaft und Geschichte in Bochum und ist seit Beginn der bundesweiten Vernetzung in der Tarifbewegung studentischer Beschäftigter (TVStud) aktiv.

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