Ausgewählte Literatur zur Kooperation von Wissenschaft und Gewerkschaften

Dr. Bernd Kaßebaum (Mitglied der Redaktionsgruppe von DENK-doch-MAL)

Wir wollen den Leserinnen und Lesern von DENK-doch-MAL einige Literaturhinweise geben. Dabei haben wir drei Aspekte herausgegriffen: die Diskussion über den Wissenschaftsbegriff, Aufsätze zum Anwendungsbezug von Wissenschaft und zur Kooperation von Wissenschaft und Gewerkschaften.

Die Ausgabe des Forum Wissenschaft 2/2021 hat den Titel: Umkämpfte Wissenschaftsfreiheit. Reale Bedrohung oder Mythos“. Auslöser ist u.a. das zu Beginn des Jahres gegründete „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“, dem von Nikolai Wehrs der „Bund Freiheit der Wissenschaften“ und von Tobias Buhlmann die sog. „Cancel Culture“ gegenübergestellt wird. Alex Demirovic schreibt in dem Beitrag über „die neue Wissenschaft“ über die Genese der Wissenschaftsfreiheit und Martin Kutscha stellt diese Debatte in Verhältnis zur „unternehmerischen Hochschule“. Gudrun Hentges und Julia Wehrs plädieren für eine diversitätsgerechte Hochschule und stellen als Alternative zur Professoren/innen-Initiative des „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ die von einer breiten Gruppe von Migrationsforscherinnen und –forschern erarbeitete Stellungnahme „Für Freiheit in Forschung und Lehre“ gegenüber.

Zu erinnern sind die lesenswerten Beiträge in dem im Rahmen des Projekts „Demokratische und soziale Hochschule entstandenen Sammelband (Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.): Expertisen für die Hochschule der Zukunft, Bad Heilbrunn 2012). Neben vielen Beiträgen zur Hochschulentwicklung und –politik setzt sich Klaus Kock in seinem Beitrag zu „Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung“ mit verschiedenen Wissenschaftsbegriffen auseinander und gibt einen Einblick in wichtige aktuelle Debatten zur kritischen Wissenschaft. Auch an einen anderen Beitrag ist zu erinnern: Fritz Böhle setzt sich mit der Kritik an und der Entfaltung eines Wissenschaftsbegriffs der anwendungsbezogenen Wissenschaft auseinander (vgl. Fritz Böhle: Was ist Wissenschaft? Anregungen zu einer Re-Definition der Wissenschaftlichkeit anwendungsorientierter Bildungsforschung, in: Eckart Severing u.a. (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Berufsbildungsforschung, Gütersloh 2012).

Auch fast schon ein Klassiker: Das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft und die daraus abzuleitenden Anforderungen an kritische und/oder arbeitsorientierte Wissenschaft ist – bezogen auf das engere Themenfeld wissenschaftlicher Weiterbildung – Gegenstand in dem von Peter Faulstich herausgegebenen Sammelband: Peter Faulstich (Hrsg.): Öffentliche Wissenschaft. Neue Perspektiven der Vermittlung wissenschaftlicher Weiterbildung, Bielefeld 2006). Wolfgang Streeck hat dieses Thema in seinem Aufsatz: Der öffentliche Auftrag der Soziologie (Leviathan 1/2012) aufgegriffen und die Repolitisierung der Soziologie angemahnt.

Hans Jürgen Urban hat maßgeblich an der Verbreitung der Konzeption von Michael Buroway beigetragen und in seinem Beitrag in diesem Band das Verhältnis von Soziologie, Öffentlichkeit und Gewerkschaften diskutiert (vgl. Buroway, Michael: Public Sociology: Öffentliche Soziologie gegen Marktfundamentalismus und globale Ungleichheit. Weinheim/Basel 2015 und darin der genannte Aufsatz von Hans Jürgen Urban). Heinz Bude diskutierte dieses Konzept bereits in der Sozialen Welt 56/2005. Angekündigt ist ein von ihm und anderen herausgegebener Sammelband zum Thema Öffentliche Soziologie.

Mit dem Themenfeld „Distanz und Engagement in der Arbeitsforschung“ setzt sich Manfred Wannöffel auseinander und reflektiert die verschiedenen Ansätze von der Aktionsforschung, über die Öffentliche Soziologie bis hin zur Transformativen Wissenschaft, um daraus das auch in diesem Heft von DENK-doch-MAL skizzierte Konzept der Transferforschung abzuleiten (sein Beitrag wird erscheinen in: Dieter Rehfeld, Ortrud Leßmann, Paul Soemer (Hrsg.) Engagiert und distanziert. Anwendungsorientierte Sozialwissenschaften zwischen normativer Orientierung, Akteursbeteiligung und wissenschaftlichem Ethos. Marburg 2021.

Das engere Verhältnis von Wissenschaft, Arbeitswelt und Gewerkschaften wurde insbesondere im Umfeld der Kooperationsstellen Hochschule und Gewerkschaften bzw. Wissenschaft und Arbeitswelt diskutiert. Auch in diesem speziellen Feld ist auf einen Klassiker hinzuweisen, u.a. Siegfried Katterle und Karl Krahn (Hrsg.): Wissenschaft und Arbeitnehmerinteressen. Köln 1980.

Herausragend für die jüngere Diskussion sind drei Veröffentlichungen. Im Rahmen der Verständigung des bundesweiten Netzwerks der Kooperationsstellen auf ein verändertes gemeinsames Arbeitskonzept entstand 2003 der bis heute lesenswerte Sammelband von Christiane Färber, Klaus Kock, Frank Mußmann und Irmtraud Schlosser (Hrsg.): Kooperation Wissenschaft Arbeitswelt. Geschichte, Theorie und Praxis von Kooperationsstellen. Münster 2003. Klaus Kock hat darauf aufbauend 2007 ein Arbeitspapier für die Hans-Böckler-Stiftung geschrieben: Zwischen Lehrstühlen und Werkbänken. Aufgaben und Arbeitsweisen von Kooperationsstellen, Düsseldorf 2007. Anlässlich des 40jährigen Bestehens des Kooperationsvertrages zwischen Ruhr-Universität und IG Metall entstand ein von Ludger Pries, Hans Jürgen Urban und Manfred Wannöffel herausgegebener Band, der sich wie die zuvor genannten mit den Wandlungsprozessen der Kooperation befasste (Ludger Pries / Hans Jürgen Urban, / Manfred Wannöffel (Hrsg.), Wissenschaft und Arbeitswelt – eine Kooperation im Wandel. Zum 40. Jubiläum des Kooperationsvertrags zwischen der Ruhr-Universität Bochum und der IG Metall, Baden-Baden 2015).

Autor

  • Bernd Kaßebaum war bis Ende 2016 Gewerkschaftssekretär beim IG Metall Vorstand im Ressort Bildungs- und Qualifizierungspolitik. Seine Arbeitsfelder umfassten Themenstellungen aus Schule und Arbeitswelt; Hochschulpolitik und Bildungsforschung. Veröffentlichungen u.a. zum Thema Beruflichkeit, Durchlässigkeit und Hochschulreform. Jetzt arbeitet er ehrenamtlich. So engagiert er sich im Wissenschaftlichen Beraterkreis von ver.di und IG Metall zu Bildungsfragen und in der Redaktion von DENK-doch-MAL.de

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