Sebastian Ciołek (leitet die Umsetzungsprojekte „Nachhaltig im Beruf“ am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB))
Hinführung
Angesichts des Klimawandels, Artensterbens und wachsender Ungleichheiten durchdringt das Prinzip der Nachhaltigkeit zunehmend alle gesellschaftlichen Bereiche. Während im Privaten Maßnahmen wie Müllvermeidung und Klimaproteste an Bedeutung gewinnen, zeigt sich politisch die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, und wirtschaftlich wächst das Interesse an fair produzierten Produkten. Diese „große Transformation zur Nachhaltigkeit“ (WBGU 2011, S. 89) fordert von Wirtschaft und Gesellschaft eine Neuausrichtung von Produktionsmethoden und Lebensstilen. Das Lieferkettengesetz verlangt von Unternehmen zunehmend die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards. Damit rückt auch die berufliche Bildung in den Fokus, da nachhaltige Innovationen nur mit qualifizierten Fachkräften möglich sind.
Das UNESCO-Weltaktionsprogramm zur Bildung für nachhaltige Entwicklung initiiert daher Maßnahmen zur Integration ökologischer, sozialer und ökonomischer Kompetenzen in die berufliche Bildung (vgl. Hemkes 2014, S. 225). Die Einführung der Standardberufsbildposition Umweltschutz und Nachhaltigkeit ab 2021 stärkt diese Entwicklung, indem alle neuen Ausbildungsberufe verpflichtend nachhaltige Prinzipien integrieren (vgl. BIBB 2021). Die zentrale Herausforderung liegt nun nicht im „Wann“, sondern im „Wie“. Die Antwort findet sich in Projekten wie dem Förderschwerpunkt Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Hierbei wurden die Erprobung und (Weiter-)Entwicklung von praxisnahen sowie wissenschaftlichen Lösungen mit Erfolg praktiziert. So wird die berufliche Bildung zum aktiven Treiber einer nachhaltigen Zukunft.
Vom Trend zur Notwendigkeit: Nachhaltigkeit als Grundpfeiler wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Transformation
Nachhaltigkeit ist längst mehr als ein Trend – sie ist eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Notwendigkeit, die auf allen Ebenen, von Einzelpersonen über Unternehmen bis hin zur nationalen Ebene, konsequent umgesetzt werden muss, um die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu sichern. Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen sind entscheidend, um den globalen Herausforderungen der Vereinten Nationen zu begegnen, wie sie in den Sustainable Development Goals (SDGs) formuliert sind. Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung bietet hierfür einen wichtigen Rahmen, der durch gesellschaftliche Werte und technologische Innovationen eine nachhaltige Zukunft für Deutschland ermöglichen soll.
Verantwortung, Wertewandel, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit sind eng miteinander verknüpft. Unternehmen, die Verantwortung übernehmen, stärken gesellschaftliche Werte wie Fairness und Solidarität. Die steigende gesellschaftliche Sensibilisierung für Umweltthemen fordert Transparenz und Verantwortung. Konsumenten unterstützen Unternehmen, die Nachhaltigkeit ernst nehmen, und setzen auf bewusste Kaufentscheidungen. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele erfordert das Engagement aller. Daher darf hier nicht nur von einer moralischen Verpflichtung ausgegangen werden, sondern stellt für Unternehmen auch ein Wettbewerbsvorteil dar, gesellschaftliche Vorbilder zu sein. Dieser Sachverhalt wird im Bereich der Gewinnung und Förderung von jungen Talenten deutlich. Werden die entsprechenden Werte und Inhalte im Betrieb tatsächlich umgesetzt, kann die Ausbildungszufriedenheit oder Motivation deutlich gesteigert werden. (u.a. Ciolek et al. 2023)
Ein zentraler Pfeiler der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie liegt in der Förderung von Technologien, die ressourcenschonend und umweltschützend wirken. Der technologische Fortschritt in Deutschland kann – und muss – auf nachhaltige Weise erfolgen. Unternehmen, die frühzeitig in nachhaltige Technologien wie erneuerbare Energien und umweltfreundliche Materialien investieren, sichern sich auf dem Markt Wettbewerbsvorteile. Damit stärkt Deutschland seine Position als technologische Führungsnation in einer zunehmend nachhaltig ausgerichteten Weltwirtschaft. Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie zeigt, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine ökologische Aufgabe, sondern eine ökonomische Notwendigkeit darstellt. Maßnahmen zur Ressourceneffizienz und Emissionsminderung wirken stabilisierend auf die Wirtschaft und minimieren Krisenanfälligkeit, etwa durch eine diversifizierte Energieversorgung. Die Einbindung der Nachhaltigkeitsziele in die Unternehmensstrategien unterstützt langfristiges Wachstum und Resilienz. Dabei baut nachhaltiges Wirtschaften das Fundament für zukünftigen Erfolg mit auf. (u.a. Moock 2024)
Unternehmen stehen unter wachsendem Druck, ihre Produktionsprozesse an sozialen und ökologischen Standards auszurichten. Konsumenten achten zunehmend auf ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance), was nachhaltige Geschäftsmodelle zur Voraussetzung für Marktvertrauen und Investitionen macht. Regulierungen wie das Lieferkettengesetz verstärken diesen Trend. Damit ist Nachhaltigkeit in der Wirtschaft längst eine strategische Notwendigkeit, die von der Unternehmenskultur getragen werden muss: Ein starkes Engagement der Führungsebene für nachhaltige Werte und Zielsetzungen ist dabei unerlässlich, um diese Überzeugung auch bei Mitarbeitenden zu verankern. Eine Kultur der Nachhaltigkeit stärkt die Motivation und schafft Raum für Innovationen, da Mitarbeitende in einem umweltbewussten Umfeld häufig engagierter und kreativer arbeiten. Nachhaltigkeit ist zudem ein strategischer Erfolgsfaktor für Unternehmen, die durch vorausschauende Investitionen Wettbewerbsvorteile schaffen und auf künftige Anforderungen flexibel reagieren können. Indem Unternehmen auf Kreislaufwirtschaft, erneuerbare Energien und faire Lieferketten setzen, eröffnen sie neue Marktpotenziale und sichern ihre Zukunftsfähigkeit. (u.a. Kopatz 2012)
Die oben beschriebenen Zeilen deuten die individuelle Perspektive immer wieder an. Daher muss BBNE auch als persönlicher Antrieb im Betrieb als Potential festgehalten werden. Auf der individuellen Ebene sind Mitarbeitende und Auszubildende maßgeblich an der Umsetzung nachhaltiger Unternehmensziele beteiligt. Ausbildende Fachkräfte vermitteln diese Werte und fördern so eine nachhaltige Unternehmensidentität. Mitarbeitende, die durch Schulungen oder Projekte für Nachhaltigkeit sensibilisiert werden, integrieren umweltfreundliches Handeln in ihren Arbeitsalltag und unterstützen das Unternehmen bei der Erreichung ökologischer Ziele. Dies wirkt sich sowohl auf die Kosten als auch auf die Effizienz positiv aus. Eine nachhaltig gelebte Unternehmensphilosophie fördert die Mitarbeiterbindung und erhöht die Attraktivität als Arbeitgeber, besonders für junge Fachkräfte, die soziale Verantwortung schätzen (z.B. Lüdeke-Freund et al. 2024). Insgesamt führt eine umfassende Nachhaltigkeitskultur auf allen Ebenen – von der nationalen Strategie bis hin zur persönlichen Ebene im Betrieb – zu ökonomischem Erfolg und gesellschaftlichem Mehrwert.
Blick in die Vergangenheit: BIBB-Förderprogramme, ihre Zielsetzungen und Erkenntnisse
Die vergangenen Förderprogramme und insbesondere die Modellversuche im BIBB zeigen, wie nachhaltigkeitsorientierte Ansätze in der Berufsbildung entwickelt und verbreitet werden können. Modellversuche dienen als Innovationsplattformen, auf denen Forschung, Bildung und Wirtschaft experimentelle Lösungen zur Verbesserung der Berufsbildung erproben. Dabei betonen die Programme die strukturelle Verankerung erfolgreicher Ansätze. Die Programme unterstreichen die Bedeutung transdisziplinärer Zusammenarbeit und die Rolle des Bildungspersonals als zentralen Vermittler nachhaltiger Kompetenzen (vgl. BIBB 2010, S. 2; Hemkes & Schemme 2015, S. 3).
Modellversuche bieten eine flexible Struktur, in der Bildungseinrichtungen, Forschung und Praxis innovationsorientierte Lösungen für die Berufsbildung entwickeln. Sie werden nach § 90 Abs. 3 Nr. 1 d des Berufsbildungsgesetzes durch das BIBB gefördert und unterstützen die Integration von Nachhaltigkeit in die berufliche Ausbildung (vgl. Hemkes 2021). Seit den 1990er-Jahren hat das BIBB das Konzept der Nachhaltigkeit in Modellversuchen etabliert, besonders mit der Einführung von Programmen im Rahmen der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (Hemkes & Melzig 2021, S. 21).
Ein Programm mit dem Schwerpunkt Transfer, erweitert diese Ansätze, indem es nachhaltige Lernorte schafft und die spezifischen Anforderungen verschiedener Berufsfelder berücksichtigt (vgl. Melzig, Kuhlmeier & Kretschmer 2021). Eine zentrale Rolle spielen hier Ausbildende, die didaktisch qualifiziert werden, um Handlungskompetenzen in der BBNE zu vermitteln (vgl. Kastrup, Kuhlmeier & Nölle-Krug 2022). Das Programm fokussiert sich auf praxisnahe Weiterbildung und strukturelle Unterstützung des Ausbildungspersonals, um langfristige Veränderungen zu ermöglichen (vgl. Mohorič, Vollmer & Kuhlmeier 2017, S. 237). Zusätzlich unterstützen die Programme und der Transfer durch strategische Partnerschaften die institutionelle Einbindung nachhaltiger Kompetenzen. Die Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg führte mit dem Projekt GEKONAWItransfer wichtige wissenschaftliche Arbeiten zur Stärkung aktueller und zukünftiger BBNE-Projekte durch, was die Bedeutung wissenschaftsgeleiteter Transfermodelle für eine nachhaltige Berufsbildung unterstreicht (z.B. Hemkes u. a. 2017). Zusammengefasst zeigen die Transferaktivitäten im BIBB gemeinsam mit den Partner:innen, dass der Erfolg nachhaltiger Berufsbildung von der Qualifizierung des Ausbildungspersonals und der strukturellen Einbettung von BBNE-Inhalten abhängt.
Die Frage stellt sich nun, was in der Praxis umgesetzt und was für die Zukunft herangezogen werden kann. Hier sind drei wesentliche Punkte zu nennen, die Unternehmen und ausbildendes Personal aus den Förderlinien aus dem BIBB mitnehmen können:
- Stärkung der didaktischen Kompetenzen zur Vermittlung nachhaltiger Inhalte: Für eine zukunftsfähige und nachhaltige Berufsbildung ist es zentral, dass das Ausbildungspersonal über fundierte didaktische Fähigkeiten, Wissen und Fertigkeiten im Bereich nachhaltiger Handlungskompetenzen verfügt. Die Programme unterstützen praxisnahe Weiterbildungen, die Ausbildende qualifizieren sowie nachhaltige Ansätze wirksam und fachspezifisch zu vermitteln.
- Förderung von Partnerschaften und transdisziplinärer Zusammenarbeit: Die Zusammenarbeit zwischen Bildungsinstitutionen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen ist entscheidend, um innovative und nachhaltige Lösungen in die Berufsbildung zu integrieren. Unternehmen profitieren, indem sie strategische Partnerschaften aufbauen und dadurch nachhaltige Konzepte erfolgreich im Ausbildungsalltag verankern.
- Langfristige institutionelle Verankerung von Nachhaltigkeit: Die strukturelle Unterstützung und Integrationen nachhaltiger Prinzipien in die betriebliche Ausbildung, wie sie durch die Förderprogramme angestrebt wurden, fördern nachhaltige Lernorte und helfen, Nachhaltigkeit fest in der Ausbildungskultur zu verankern. Unternehmen können durch diese strukturellen Anpassungen eine nachhaltigkeitsorientierte Unternehmenskultur stärken und dadurch zukünftigen Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht werden.
Die Gegenwart: Umsetzungsprojekte im Bundesinstitut für Berufsbildung
Die Rolle des Ausbildungspersonals ist von zentraler Bedeutung für die Implementierung einer nachhaltigen Berufsbildung in Unternehmen. In diesem Kontext setzt die erste Förderrichtlinie des Programms „Nachhaltig im Beruf – zukunftsorientiert ausbilden“ gezielte Schwerpunkte auf die Qualifizierung und Stärkung des Ausbildungspersonals. Drei zentrale Förderinhalte bilden den Kern dieser Initiative:
(1) Nachhaltigkeitsbezogene Qualifizierung des Ausbildungspersonals: Sowohl die Ausbildung von Fachkräften in Betrieben als auch die Schulung von Lehrkräften an Bildungsstätten wird um nachhaltigkeitsbezogene Inhalte erweitert. Ziel dieser Maßnahme ist es, die Kompetenzen des Ausbildungspersonals in Bezug auf nachhaltige Themen zu vertiefen und so eine langfristige Wirkung auf die Berufsausbildung zu entfalten.
(2) Integration von Elementen der Bildung für nachhaltige Entwicklung im Beruf in Weiterbildungseinrichtungen: BBNE soll durch Angebote im Rahmen der Fort- und Weiterbildung fest verankert werden. Dazu gehören auch spezifische „Train-the-Trainer“-Schulungen und der gezielte Wissenstransfer unter Lehrenden, unterstützt von Maßnahmen zur Marketing- und Vertriebsförderung.
(3) Schaffung förderlicher Rahmenbedingungen für BBNE: Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Aufbau und der Stärkung von Netzwerken, der Einbindung von BBNE in Prüfungsverfahren sowie der Qualifizierung von Entscheidungsträgern und Multiplikatoren. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, BBNE dauerhaft in die Berufsbildung zu integrieren.
Seit Mitte des Jahres 2024 werden insgesamt 21 Umsetzungsprojekte unterstützt, an denen 56 Bildungseinrichtungen aus Praxis und Wissenschaft sowie über 150 assoziierte Partner beteiligt sind (vgl. Abbildung 2). Das übergeordnete Ziel ist, etwa 12.000 Fachkräfte aus verschiedenen Branchen für Nachhaltigkeitsthemen zu qualifizieren.
Die Projekte bieten flexible Bildungsformate – von freiwilligen Kursen und Angeboten bis hin zu modularen Zertifikatskursen – sowohl in Präsenz als auch digital. Dies ermöglicht eine praxisnahe und bedarfsgerechte Qualifizierung der Teilnehmenden und trägt zur Verankerung von Nachhaltigkeit in der Arbeitswelt bei. Eine Darlegung der spezifischen Umsetzungsprojekte illustriert die Breite und den Anspruch dieser Förderlinie:
- Im Projekt BASINtech werden Ausbilder:innen und Betriebsräte in High-Tech-Unternehmen umfassend in Nachhaltigkeitsthemen geschult. Durch praxisnahe Workshops und Bedarfsanalysen werden Kompetenzen vermittelt, um soziale, ökologische und ökonomische Aspekte in den Berufsalltag zu integrieren.
- Das BBNE-ECONET-Projekt zielt auf die Förderung nachhaltiger Bildung in Unternehmen ab. Es entwickelt praxisnahe Konzepte und Materialien, bietet branchenspezifische Beratungen und fördert die nachhaltige Integration in die Bildungslandschaft.
- Die BBNE-Hubs verfolgen den Aufbau nachhaltiger Ausbildungsprogramme in den Regionen NRW, Thüringen und Schleswig-Holstein. Sie setzen auf Train-the-Trainer-Modelle und Kooperationen mit Kammern und Bildungszentren, um Nachhaltigkeit auf regionaler Ebene zu etablieren.
- Im Rahmen des Projekts BBNE-PfleGe wird der Fokus auf die Pflegeberufe gelegt. In der Region Berlin-Brandenburg werden Bildungsangebote geschaffen, die Praxisanleitende in Gesundheitsberufen zu nachhaltigen Kompetenzen schulen.
- Das Projekt FaME setzt in Sachsen-Anhalt die Weiterbildung zur „Fachkraft für nachhaltige Entwicklung Metall- und Elektroberufe“ um, um Nachhaltigkeit als Leitprinzip in Ausbildungsbetrieben zu etablieren.
- GreenWorks qualifiziert Ausbildungspersonal an den Standorten Leonberg und Rutesheim in den Bereichen Nachhaltigkeit und Energiewende und verknüpft theoretisches Wissen mit praktischen Anwendungen.
- Weitere Projekte wie Naht (in der Pflegebildung), NaLoGO (in der Logistik) und NBAU (im Bauwesen) widmen sich spezifischen Branchen und setzen auf praxisorientierte Schulungen, um nachhaltige Kompetenzen zu fördern und die Prinzipien der Nachhaltigkeit in die Berufsausbildung zu integrieren.
Diese breitgefächerte Programminitiative zeigt, wie umfassend Nachhaltigkeitsthemen in den verschiedenen Ausbildungs- und Weiterbildungsstrukturen verankert werden. Durch die gezielte Qualifizierung des Ausbildungspersonals und die Etablierung nachhaltiger Konzepte in der Berufsbildung wird ein wichtiger Schritt zur Förderung einer zukunftsfähigen Arbeitswelt gemacht. Die enge Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen, Praxispartnern und politischen Entscheidungsträgern gewährleistet eine strukturierte und langfristig wirksame Umsetzung der Bildung für nachhaltige Entwicklung in der beruflichen Bildung.
Mehr Informationen und eine Übersicht zu allen geförderten Projekten: BIBB / Umsetzungsprojekte im Detail. In dieser Ausgabe von DENK-doch-MAL werden die Projekte NaLogo und NiMe vorgestellt.
Blick in die Zukunft
Projektförderungen im Bereich der nachhaltigen Berufsbildung stellen eine unverzichtbare Komponente für die Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen Arbeitswelt dar. Diese Förderprogramme leisten weit mehr, als nur Wissen zu vermitteln; sie schaffen die notwendigen Strukturen und Kompetenzen, um nachhaltiges Handeln in der Praxis zu verankern. Durch gezielte Unterstützung von Umsetzungsprojekten, die Nachhaltigkeit in die berufliche Bildung integrieren, gelingt es, sowohl systemische als auch individuelle Transformationen voranzutreiben. Nachfolgend werden vier Aspekte herausgestellt:
Erstens ist die nachhaltigkeitsbezogene Qualifizierung des Ausbildungspersonals ein zentraler Faktor für die Implementierung nachhaltiger Praktiken in den Betrieben. Die berufliche Bildung spielt eine Schlüsselrolle in der Sensibilisierung und Ausbildung zukünftiger Fachkräfte, die über das Fachwissen hinaus auch eine nachhaltige Denkweise in die Unternehmen einbringen sollen. Projektförderungen ermöglichen es, spezifische Kompetenzen und Kenntnisse zur Nachhaltigkeit an das Ausbildungspersonal zu vermitteln, das wiederum in der Lage ist, diese Inhalte praxisnah an die Auszubildenden weiterzugeben. Das Ausbildungspersonal fungiert dabei als Multiplikator für nachhaltige Prinzipien, was eine langfristige und nachhaltige Verankerung im Unternehmen begünstigt.
Der zweite Aspekt stellt das Angebot dar, welches die Projekte zur BBNE in flexible und breite Bildungsangebote umsetzen, dass sich an den Bedürfnissen unterschiedlicher Branchen und Berufsgruppen orientiert. Die Bandbreite der geförderten Projekte – von der Pflege über die Logistik bis hin zur High-Tech-Industrie – zeigt, dass Nachhaltigkeit nicht auf eine bestimmte Branche begrenzt ist (und sein darf), sondern als Querschnittsthema überall eine elementare Rolle spielen. Die oben dargelegten Projekte veranschaulichen, dass die Förderung nachhaltiger Kompetenzen flexibel auf die jeweiligen Anforderungen kontextspezifisch umgesetzt werden kann. Dadurch entstehen spezialisierte Programme, die sowohl theoretische Kenntnisse als auch praxisorientierte Fähigkeiten vereinen und die Teilnehmenden für nachhaltiges Handeln im Berufsalltag qualifizieren.
Der dritte Aspekt zeigt, dass die Förderprogramme im Rahmen der BBNE positive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Unternehmen in sich tragen. Nachhaltiges Wirtschaften führt zur effizienteren Nutzung von Ressourcen, zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit gegenüber Marktveränderungen und zur Erschließung neuer Marktsegmente, die sich auf ökologische und soziale Verantwortung konzentrieren. Die Förderung nachhaltigkeitsorientierter Projekte ermöglicht es Unternehmen, sich als zukunftsfähige und sozial verantwortliche Arbeitgeber zu positionieren. Diese Positionierung hat auch positive Effekte auf die Mitarbeiterbindung und das Unternehmensimage. Nachhaltigkeit wird dadurch zu einem Wettbewerbsfaktor, der langfristig zur wirtschaftlichen Resilienz beiträgt.
Schließlich fördert die strukturelle Einbindung nachhaltiger Bildungsinhalte in die berufliche Weiterbildung eine gesellschaftliche Transformation hin zu einem nachhaltigeren Werteverständnis. Die durch die Förderung gestärkten Netzwerke und die Einbindung nachhaltiger Inhalte in Prüfungsverfahren sowie die Qualifizierung von Entscheidungsträgern und Multiplikatoren tragen dazu bei, Nachhaltigkeit in der Gesellschaft zu verankern. Es entsteht eine Kultur, die ökologische und soziale Verantwortung fördert und so die gesamte Arbeitswelt resilienter und anpassungsfähiger macht. Projektförderungen im Bereich der nachhaltigen Berufsbildung sind daher entscheidend, um die Kompetenzen für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft und der Gesellschaft zu schaffen. Sie legen den Grundstein für eine nachhaltige Zukunft, indem sie alle Beteiligten in den Bildungs- und Arbeitsprozess einbinden und nachhaltiges Denken und Handeln auf verschiedenen Ebenen systematisch fördern.
Literatur:
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Kastrup, J.; Kuhlmeier, W.; Nölle-Krug, M. (2022). Aus- und Weiterbildung des betrieblichen Bildungspersonals zur Verankerung einer Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: Michaelis, Christian; Berding, Florian (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Umsetzungsbarrieren und interdisziplinäre Forschungsfragen. Bielefeld 2022, S. 173–188
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Roth, H. (1971). Pädagogische Anthropologie (2 Bände). Hannover.