Maximilian Hoppe (hauptamtlicher Ausbilder bei Aurubis für die Berufe Chemikant, Chemielaborant und Produktionsfachkraft Chemie), Andreas Kahl-Andresen (Berufsschullehrer und seit vielen Jahren als Prüfer und Aufgabenersteller tätig) und Gerhard Labusch-Schönwandt (Ausbilder im technischen, kaufmännischen und Dienstleistungsbereich)

Die Sozialpartner haben sich in einem auf die Zukunft von Ausbildung, Beruf und Betrieb gerichteten Diskussionsprozess darauf geeinigt, die Berufsausbildung an die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen. Ihnen ging es insbesondere darum, die Themenkomplexe Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Ausbildung zu verankern, da sie an grundsätzlicher Bedeutung gewonnen und sich zu unverzichtbaren Elementen des beruflichen Handelns für Fachkräfte entwickelt haben. Zu diesem Zweck wurden die sogenannten Standardberufsbildpositionen verabschiedet. Mit ihrer Vermittlung sollen die entsprechenden Kompetenzen gefördert, die Eigenverantwortung des Einzelnen am Arbeitsplatz gestärkt sowie die Bedeutung von Nachhaltigkeit, Prävention und Weiterbildung herausgestellt werden.

Standardberufsbildpositionen sind als Mindestanforderungen an die Gestaltung des Arbeitslebens und die Tätigkeit in einer sich ständig ändernden Arbeitswelt zu verstehen und vor allem deshalb Element der beruflichen Handlungsfähigkeit. „Standardberufsbildpositionen sind bildungspolitische Steuerungsinstrumente, die in den Ausbildungsordnungen im Ausbildungsrahmenplan geregelt, während der gesamten Ausbildung zu vermitteln und als Mindestanforderungen zu verstehen sind. Das bedeutet, ihre Vermittlung ist von allen ausbildenden Betrieben sicherzustellen und im betrieblichen Ausbildungsplan aufzugreifen. Durch ihre Berücksichtigung als Mindeststandard, über alle Ausbildungsordnungen hinweg, geht ein wichtiges, bildungspolitisches Signal für alle an der Berufsbildung beteiligten Institutionen und Akteure aus.“ heißt es in der Empfehlung des Hauptausschusses des BIBB: „Anwendung der Standardberufsbildpositionen in der Ausbildungspraxis“ vom 17. November 2020[1].

Es stellt sich allerdings die Frage, wie das konkret in Ausbildung und Betrieb integriert werden kann. Das haben sich die Ausbilder von der Aurubis AG, einem der größten Kupferproduzenten in Europa, auch gefragt und sind zu folgender Lösung gekommen: Die Nachhaltigkeitswoche.

Vom 21.05.-24.05.2024 fand die inzwischen 9. Nachhaltigkeitswoche bzw. Nachhaltigkeitstage in Hamburg statt. 20 Auszubildende aus den Standorten Stolberg und Hamburg nahmen teil, um in kleinen Arbeitsgruppen diesen Themenkomplex zu erarbeiten und darüber zu diskutieren. Unterstützt wurden sie durch Expertinnen und Experten der jeweiligen Fachabteilungen.

Neben Vorträgen, Gruppenarbeit und einem Planspiel stand auch eine Exkursion zu „Hanseatic Help“ auf dem Programm. Hanseatic Help ist ein Verein, der sich um die Unterstützung von Bedürftigen sowie um die schnelle und bedarfsorientierte Hilfslieferung von Gütern in Krisengebiete (Ukraine, Erdbebengebiet Syrien/Türkei, etc.)  kümmert. Hanseatic Help ist ein langjähriger Projektpartner aus dem Bereich soziales Engagement von Aurubis.

Nachhaltigkeit ist für Aurubis ein umfassender Begriff. Für sie geht es nicht nur um Umwelt, Ressourcen und Produktion sondern auch um das menschliche Miteinander. Nachhaltigkeit aus diesem Blickwinkel ist vor allem eine gesellschaftliche Aufgabe, so wie auch die Standardberufsbildpositionen diesen Themenkomplex verstehen und einordnen.

„Verbunden mit der Ausbildung besteht auch der Bildungsauftrag, zur Persönlichkeitsentwicklung der Auszubildenden beizutragen. Diese sollen sich zu selbstständigen Persönlichkeiten entwickeln, die sich reflektierend und aktiv mit aktuellen gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen. Ein solcher Bildungsauftrag ist bereits seit vielen Jahren ein verbindlicher Bestandteil anerkannter Ausbildungsberufe. Komplexer werdende Arbeitsprozesse erfordern selbstständige, verantwortungsvolle und sozialkompetente Fachkräfte.“ (Aus: Vier sind die Zukunft, Die modernisierten Standardberufsbildpositionen anerkannter Ausbildungsberufe, https://www.bibb.de/dienst/publikationen/de/17281).

Für Aurubis wird Nachhaltigkeit in diesem Sinne durch ein „magisches Dreieck“ deutlich: Wirtschaft – Umwelt – Mensch bilden einen unauflöslichen Zusammenhang. Im Fall von Aurubis: Die Produktion hat Einfluss auf die genannten Bereiche; am Standort selbst, auf die Lieferketten und letztlich auch auf den Kupferbergbau. Produktionsbedingungen haben auch Einfluss auf die Lebensbedingungen und damit auf die Gesellschaft.

Das war einer der Schwerpunkte des ersten Tages. Weitere Themen waren

  • Menschenrechte im Lichte des Lieferkettengesetzes, der Inklusion und der Menschenrechte im Allgemeinen
  • Mitarbeiternachhaltigkeit (Personalentwicklung, Mitarbeiterförderung, Reflexion über die eigene Tätigkeit, Rücksichtnahme)

An den weiteren Tagen haben sich die Teilnehmenden mit folgenden Themen beschäftigt:

  • Klima und Energie (Energieversorgung des angrenzenden Stadtteils (Hafencity) mit Industriefernwärme (Abwärme, die im Produktionsprozess bei Aurubis entsteht), Nutzung erneuerbarer Energien – Wind, Solar, usw.
  • Dekarbonisierung; Umstellung auf Wasserstoff für die Anodenofenprozesse bis 2031, klimaneutrale Produktion bis 2050; Dampfspeicher am Standort Lünen.
  • Batterie-Recycling; rund 95% der in Schwarzmasse enthaltenen Batteriemetalle werden, eingebettet ins Aurubis-Hüttennetzwerk, zurückgewonnen.
  • Recyclingprojekt für Kupfer, Aluminium und andere Werkstoffe.
  • Employer Branding und Diversität; Markenzeichen von Aurubis ist Diversität, denn jede/r soll entsprechend seiner/ihrer Fähigkeiten anerkannt werden. Ziel ist ein vielfältiges und inklusive Arbeitsumfeld.
  • Women4metals; Women4Metals ist eine branchenspezifische Initiative zur Förderung von Frauen in der Metallindustrie, die 2019 von Aurubis ins Leben gerufen wurde.
  • Social Walk; Teilnehmende lernen die sozialen Projekte kennen, die von Aurubis unterstützt werden.
  • Health & safety; Arbeitssicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz und im Privatem; Vorsorge; Erarbeitung zentraler Richtlinien
  • Planspiel „Klima retten – nachhaltig handeln; Folgen des Klimawandels, nachhaltige Energie und ihre Wirtschaftlichkeit – heute und in Zukunft.

Zum Abschluss der Nachhaltigkeitstage gab es ein Gespräch mit dem Vorstand von Aurubis, bei dem die Teilnehmenden jene Fragen stellen konnten, die sich ihnen im Laufe des Projektes aufdrängten

[1] Bundesinstitut für Berufsbildung: Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 17. November 2020 zur „Anwendung der Standardberufsbildpositionen in der Ausbildungspraxis“; https://www.bibb.de/dokumente/pdf/HA172.pdf, geladen am 18.03.2024

Aurubis:

Für die Aurubis AG ist es von zentraler Bedeutung, dass sich Auszubildende mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, da dies  sowohl einen entscheidenden Beitrag zur Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, als auch  zur Umwelt und Gesellschaft leistet. Als global agierender  Multimetall-Anbieter trägt Aurubis eine besondere Verantwortung, ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit zu fördern. Nachhaltigkeit ein integraler Bestandteil der unserer Unternehmensstrategie.

Ein Beispiel dafür ist das Industriewärme  von Aurubis, bei dem Abwärme aus einem Nebenprozess der Kupferproduktion genutzt wird, um  Stadtteile Hamburgs mit CO2-freier Fernwärme zu versorgen. Dieses Projekt zeigt, wie innovative Technologien und nachhaltige Ansätze zur Energieeinsparung und  Dekarbonisierung beitragen können. Für Auszubildende bietet dieses Projekt eine wertvolle Gelegenheit, nachhaltige Konzepte hautnah zu erleben und zu verstehen, wie sie in der Praxis umgesetzt werden können.

Indem unsere Auszubildenden frühzeitig lernen, Verantwortung für Umwelt und Ressourcen zu übernehmen, tragen sie aktiv zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens bei und unterstützen gleichzeitig die Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele. Dies stärkt nicht nur ihre eigenen beruflichen Perspektiven, sondern auch das Image von Aurubis als Vorreiter in Sachen nachhaltiger Produktion und Innovation.

Autoren

  • Ausbildung zum Chemikanten bei der Norddeutschen Affinerie AG 2005-2009 ; Weiterbildung zum geprüften Industriemeister Chemie IHK inklusive AEVO IHK 2010-2013; Weiterbildung zum geprüften technischen Betriebswirt IHK 2015-2018; Nach meiner Ausbildung zum Chemikanten in Vollkontischichtarbeit in unserer Abteilung Energie und Medien (Herstellung von Dampf, Druckluft, Kühlwasser usw.) eingesetzt. Seit acht Jahren hauptamtlicher Ausbilder bei Aurubis für die Berufe Chemikant, Chemielaborant und Produktionsfachkraft Chemie. Handelskammer Prüfer für die Berufsbilder Chemikant, Chemielaborant, Produktionsfachkraft Chemie und Industriemeister Chemie

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  • Gelernter Berufsschullehrer und seit vielen Jahren als Prüfer und Aufgabenersteller tätig. Nach Lehrtätigkeit in einer Hamburger Berufsschule wechselte er in die Hamburgische Schulbehörde und war dort als Referatsleiter zuständig für die beruflichen Förderprogramme für benachteiligte Jugendliche

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  • Ausbilder im technischen, kaufmännischen und Dienstleistungsbereich. Aktuell Qualifizierung von Ausbildungspersonal bei der Aurubis AG Hamburg. Sachverständiger in Neuordnungsverfahren verschiedener Berufe für ver.di und IG Metall. Prüfer und im Berufsbildungsausschuss der Handelskammer Hamburg.

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