Claudia Moravek (Leiterin des Arbeitsbereichs „Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen“ im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)) und Vira Bushanska (Wissenschaftliche Mitarbeiterin im BIBB-Anerkennungsmonitoring)

Ob beim Supermarkt um die Ecke, bei Handwerksbetrieben oder im Pflegeheim: Der Fachkräftemangel in Deutschland ist mittlerweile so gut wie in jedem Berufsbereich sichtbar. Neben dem Ausbau von zahlreichen anderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen werden wir in den nächsten Jahren zum Erhalt unseres Wohlstandes auch auf die Einwanderung und Integration von Fach- und Arbeitskräften aus dem Ausland angewiesen sein. Daher hat die Bundesregierung in den letzten Jahren zahlreiche Reformen durchgeführt, um eine bessere Fachkräfteeinwanderung zu ermöglichen. Die Bedeutung der Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation für die Fachkräfteeinwanderung befindet sich derzeit im Wandel. Für eine erfolgreiche und langfristige Integration von Zugewanderten in den deutschen Arbeitsmarkt wird sie auch künftig wichtig bleiben.

Rolle der Anerkennung bei der Fachkräfteeinwanderung vor 2024

Die Einwanderung von Menschen aus einem sogenannten Drittstaat nach Deutschland zur Arbeitsaufnahme war vor 2024 bis auf bestimmte Ausnahmen ausschließlich auf qualifizierte Fachkräfte beschränkt. Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen gelten laut Aufenthaltsgesetz (AufenthG) allerdings erst dann als Fachkräfte, wenn ihre Qualifikation als gleichwertig mit einer deutschen Berufsausbildung anerkannt oder mit einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbar ist (vgl. § 18 Abs. 3 AufenthG).[1] Das bedeutete, dass vor der Einreise ausländischer Fachkräfte in der Regel zwingend eine berufliche Anerkennung eingeleitet werden musste, oder im Fall von nicht reglementierten[2] Hochschulabschlüssen eine Zeugnisbewertung vorliegen musste.[3]

In den letzten Jahren wurde dies verstärkt in Anspruch genommen. Die Zahl der Anträge auf berufliche Anerkennung, die direkt aus dem Ausland eingingen, ist in den letzten 10 Jahren enorm angewachsen. Diese Entwicklung lässt sich anhand der bundesrechtlich geregelten Berufe gut zeigen: 2012 waren es noch 550 Anträge, 2022 bereits 18.800 Anträge. Somit wurde fast die Hälfte aller Anträge im Jahr 2022 direkt aus dem Ausland gestellt (vgl. Abbildung 1). Nahezu alle Auslandsanträge 2022 bezogen sich auf Qualifikationen aus Drittstaaten. Insbesondere in nicht reglementierten Berufen fand in den letzten Jahren ein deutlicher Zuwachs an Auslandsanträgen statt (vgl. Abbildung 2). Das ist vor allem auf das Fachkräfteeinwanderungsgesetz zurückzuführen, welches seit 2020 die Einwanderung von Fachkräften maßgeblich erleichterte.

Abbildung 1 Entwicklung der Auslandsanträge bei Berufen nach Bundesrecht (2012 bis 2022, in Prozent)

Quelle: amtliche Statistik nach § 17 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) beziehungsweise Fachgesetzen und Verordnungen mit Verweis auf § 17 BQFG für 2012-2022; Erhebung der Statistischen Ämter von Bund und Ländern. Berechnung und Darstellung des BIBB.

Abbildung 2 Anteil von Auslandsanträgen nach Regelungsbereich bei Berufen nach Bundesrecht (2018 bis 2022, in Prozent)

Quelle: amtliche Statistik nach § 17 BQFG beziehungsweise Fachgesetzen und Verordnungen mit Verweis auf § 17 BQFG für 2018-2022; Erhebung der Statistischen Ämter von Bund und Ländern. Berechnung und Darstellung des BIBB.

Mit dem Anerkennungsgesetz wurde 2012 erstmalig ein Anspruch auf ein Anerkennungsverfahren und somit ein wichtiges Instrument der Arbeitsmarktintegration etabliert. Auch die Antragstellung aus dem Ausland wurde explizit ermöglicht. Die Kopplung der Fachkräfteeinwanderung an die Berufsanerkennung, die auch im Fachkräfteeinwanderungsgesetz beibehalten wurde, war allerdings für Fachkräfte und deren Arbeitgeber mit Herausforderungen verbunden. Denn somit waren vor der Einreise viele Schritte in Bezug auf die Anerkennung zu erledigen: Unterlagen mussten gesammelt und übersetzt, ein Anerkennungsantrag gestellt werden. Nach Erhalt des Bescheides von der Anerkennungsstelle, für dessen Erstellung je nach Fall zwei bis vier Monate vorgesehen sind, musste ggf. noch eine zusätzliche Qualifizierung in Deutschland organisiert werden. Erst dann konnte ein Visum erteilt werden.

Zum Teil stellten sich bei der Antragstellung aus dem Ausland besondere Herausforderungen bei der Finanzierung, der Klärung der örtlichen Zuständigkeit, der Übermittlung und der Akzeptanz von Unterlagen (vgl. Best u. a. 2019). Insbesondere die Organisation von Qualifizierungsmaßnahmen spielt eine wichtige Rolle, denn im Großteil der Verfahren zu Qualifikationen aus Drittstaaten werden wesentliche Unterschiede zur deutschen Ausbildung festgestellt. Von allen 2022 beschiedenen Verfahren zu Drittstaatsqualifikationen war bei reglementierten Berufen in 60 Prozent der Fälle zum Ende des Jahres noch eine Ausgleichsmaßnahme zu absolvieren. Außerdem wurden etwa bei drei Viertel der Fälle mit voller Gleichwertigkeit erst nach Absolvierung einer Ausgleichsmaßnahme positiv beschieden. In nicht reglementierten Berufen wurde etwas mehr als die Hälfte der Fälle als teilweise gleichwertig beschieden (vgl. Abbildung 3). Während die Anerkennung in nicht reglementierten Berufen generell keine zwingende Voraussetzung für die Berufsausübung darstellt, wurde im Fachkräfteeinwanderungsgesetz rechtlich vorausgesetzt, dass wesentliche Unterschiede ausgeglichen werden. Die Einreise sollte vorerst nach §16d AufenthG (Maßnahmen zur Anerkennung) erfolgen und die volle Anerkennung wurde für die Verlängerung des Aufenthaltes zum Zweck der Erwerbstätigkeit als Fachkraft verlangt.

Abbildung 3 Ausgang beschiedener Verfahren zu Drittstaatsabschlüssen 2022

Quelle: amtliche Statistik nach § 17 BQFG beziehungsweise Fachgesetzen und Verordnungen mit Verweis auf § 17 BQFG für 2022. Erhebung der Statistischen Ämter von Bund und Ländern. Berechnung und Darstellung des BIBB.

Die benannten Herausforderungen an der Schnittstelle von Fachkräfteeinwanderung und Anerkennung sind u. a. darauf zurückzuführen, dass die Anerkennung nicht als Einwanderungsinstrument eingeführt worden ist, sondern vor allem, um das Potential von Fachkräften zu heben, die bereits in Deutschland lebten. Bei Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes 2012 waren die Regelungen der Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten immer noch stark restriktiv und haben sich nur langsam dem steigenden Fachkräftemangel angepasst. Die Fachkräfteeinwanderung für beruflich Qualifizierte war z. B. bis 2013 nur in Ausnahmefällen möglich, und ab 2013 nur in sogenannten Engpassberufen (Bushanska/Studthoff 2022). Der Fachkräftemangel stieg allerdings weiter an und damit auch das Interesse der Wirtschaft an der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde ab 2020 die Beschränkung auf Engpassberufe für Fachkräfte mit Berufsausbildung aufgehoben. Dementsprechend erhöhte sich auch die Auslastung der Visastellen, Ausländerbehörden und Anerkennungsstellen. Daneben nahm auch die Zahl der Aufenthalte aus humanitären oder familiären Gründen zu und ging mit einer entsprechend größeren Zahl an Anträgen einher. An vielen Stellen sind Kapazitätsengpässe entstanden, die dazu führten, dass die Koppelung der Fachkräfteeinwanderung an die Anerkennung zunehmend als Hürde wahrgenommen wurde. Der Wunsch nach unbürokratischen Zuwanderungsprozessen wurde deutlich. Von unterschiedlichen Akteuren wurde empfohlen, die Zuwanderung insbesondere in nicht reglementierte Berufe weiter zu erleichtern und Anerkennungsverfahren zu beschleunigen (vgl. SVR 2021; NKR 2022).

Neue Regelungen der Fachkräfteeinwanderung ab 2024

Damit mehr Fach- und Arbeitskräfte aus Drittstaaten schneller nach Deutschland einwandern können wurde in den letzten Jahren das Einwanderungsrecht reformiert: Die Regelungen des Gesetzes und der Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung sind zum 1. Juni 2024 vollständig in Kraft getreten. Einerseits verbessert diese Reform die bestehenden Möglichkeiten für ausländische Fachkräfte. Bei der beruflichen Anerkennung wurden beispielsweise die Rahmenbedingungen für die Einreise zu einer Ausgleichsmaßnahme nach § 16d AufenthG geändert: Die Höchstaufenthaltsdauer wurde von zwei auf drei Jahre erhöht und die Möglichkeiten von Nebenbeschäftigung erweitert. Zudem ist eine Einreise zur sogenannten Qualifikationsanalyse möglich, wenn unverschuldet wichtige Dokumente fehlen.[4]

Gleichzeitig wurden die Voraussetzungen der Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt grundsätzlich reformiert, indem diese nun teilweise von der Anerkennung entkoppelt wird: Im Rahmen der sogenannten Erfahrungssäule ist die Anerkennung des Berufsabschlusses in nicht reglementierten Berufen seit 1. März 2024 weitgehend optional. Zudem kann das Anerkennungsverfahren im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft auch erst nach der Einreise beginnen und parallel zur Beschäftigung in Deutschland stattfinden. Für Ärztinnen und Pflegefachleute, also für in Deutschland reglementierten Berufe, bleibt die Berufsanerkennung weiterhin Voraussetzung für die Berufszulassung. Sie kann allerdings nach dem neuen Gesetz auch erst nach Einreise erfolgen.

Die größten Auswirkungen auf die Rolle der Anerkennung dürfte die Erfahrungssäule haben, welche die Einreise zur qualifizierten Beschäftigung in nicht reglementierten Berufen ohne Anerkennung ermöglicht (§ 19c Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 6 Beschäftigungsverordnung). Statt einer Anerkennung wird eine bestimmte Qualifikation, relevante Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren und ein bestimmtes Mindestgehalt verlangt (2024: 40.770 Euro brutto; entfällt bei Tarifbindung des Arbeitgebers). Als Qualifikation ist ein Berufs- oder ein Hochschulabschluss erforderlich, dieser muss in Deutschland jedoch nicht anerkannt werden. Stattdessen muss ein Nachweis vorgelegt werden, dass der Abschluss im Land, in dem er erworben wurde, staatlich anerkannt ist. Der Berufsabschluss muss zudem eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren haben.[5] Möchte die Fachkraft später doch einen Anerkennungsantrag stellen, kann die in Deutschland gesammelte Berufserfahrung im Verfahren berücksichtigt werden. Menschen, die über keinen formalen Abschluss verfügen, können über diesen Weg nach wie vor nicht nach Deutschland einreisen.

Im Rahmen der Anerkennungspartnerschaft (§ 16d Absatz 3 AufenthG) wird die Einreise und eine Beschäftigung ohne Anerkennung erlaubt, wenn sich Arbeitgeber und die ausländische Fachkraft verpflichten, parallel zur Beschäftigung ein Anerkennungsverfahren durchzuführen. Weitere Voraussetzungen sind ein im Ausbildungsstaat staatlich anerkannter Berufs- oder Hochschulabschluss (analog zur Erfahrungssäule), Sprachkenntnisse auf mindestens Niveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens und ein Arbeitsplatzangebot bei einem Arbeitgeber, der für eine Nachqualifizierung geeignet ist. Letzteres wird im Rahmen der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit geprüft. Während der Anerkennungspartnerschaft (maximal 3 Jahre) findet die Beschäftigung bereits auf Fachkräfte-Niveau statt. Ausnahmen gibt es für reglementierte Berufe, deren vollumfängliche Ausübung erst nach der Anerkennung möglich ist.

Auch die Einreise zur Arbeitsplatzsuche oder zur Suche nach Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der Anerkennung wird mit der neu eingeführten Chancenkarte (§ 20a AufenthG) erleichtert. Eine Teilanerkennung bringt hier vier von den benötigten sechs Punkten (die Zuordnung der Punkte nach verschiedenen Kategorien wie z. B. Sprachkenntnisse, Berufserfahrung oder Alter ist in § 20b AufenthG geregelt). Personen mit einer in Deutschland anerkannten beruflichen Qualifikation können die Chancenkarte direkt erhalten, ohne Punkte nachweisen zu müssen.

Künftige Rolle der Anerkennung

Die Fachkräfteeinwanderung kann durch die Entkopplung von der Anerkennung im Vorfeld der Einreise nach Deutschland maßgeblich erleichtert werden. Qualifizierte Personen aus dem Ausland können so schneller nach Deutschland einreisen und die Anerkennung parallel zur Beschäftigung durchführen oder – in nicht reglementierten Berufen – gänzlich darauf verzichten. Das entlastet die ausländischen Fachkräfte, Arbeitgeber und die Verwaltung.

Unabhängig davon, ob die neue Erfahrungssäule als Einwanderungsmöglichkeit für die nicht reglementierten Berufe Erfolg hat, wird die Anerkennung weiterhin eine zentrale Rolle spielen, vor allem in reglementierten Berufen. In nicht reglementierten Berufen kann sie nun – so wie bei den Personen, die sich bereits in Deutschland aufhalten – auch für Neuzuwandernde vornehmlich als unterstützendes Instrument zur Verbesserung der Arbeitsmarktintegration dienen. Denn die Anerkennung hat nachgewiesenermaßen positive Auswirkungen auf die Arbeitsmarktergebnisse von ausländischen Fachkräften und wird zum Teil von Arbeitgebern verlangt, beispielsweise in Elektroberufen, in denen hohe Sicherheitsanforderungen bestehen.

Prinzipiell erleichtert die Anerkennung den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt: Fachkräfte mit (teilweise) anerkannten ausländischen Berufsqualifikationen werden häufiger zu Bewerbungsgesprächen eingeladen (Damelang, Ebensperger und Stumpf 2020). Eine volle Anerkennung erhöht die Beschäftigungswahrscheinlichkeit und die Verdienste der ausländischen Fachkräfte (Brücker u. a. 2021) und fördert insbesondere die qualifikationsadäquate Beschäftigung (OECD 2024). Sie ermöglicht eine bessere tarifliche Eingruppierung und stärkt bei Lohnverhandlungen mit dem aktuellen Arbeitgeber oder bei einem Arbeitgeberwechsel. Zudem berichten die Fachkräfte mit Anerkennung von verbesserten Aufstiegsmöglichkeiten und einer größeren Wertschätzung seitens der Arbeitgeber (Ekert u. a. 2017). Ausländische Fachkräfte, die in Deutschland qualifizierte Tätigkeiten ausüben, haben zudem eine signifikant längere Aufenthaltsdauer als diejenigen in Helfertätigkeiten (Boockmann u. a. 2022). Die Anerkennung hat auch aufenthaltsrechtliche Vorteile: Anerkannte Fachkräfte erhalten schneller ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland, können leichter vom Familiennachzug profitieren und haben mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt. Auch für Arbeitgeber stellt die Anerkennung ein wichtiges Instrument der Fachkräftesicherung und Personalentwicklung dar, indem sie Transparenz in Bezug auf ausländische Qualifikationen und individuelle Bedarfe an Weiterbildung schafft. Die Unterstützung bei der Anerkennung kann auch die Mitarbeiterbindung stärken. Zudem kann die Anerkennung im Wettbewerb um Kundinnen und Kunden als Qualitätsmerkmal dienen.

Stärkung der positiven Effekte der Anerkennung

Die Anerkennung wird künftig insbesondere für eine langfristige Integration in den deutschen Arbeitsmarkt von Bedeutung sein, während die Einreise zur Aufnahme einer Beschäftigung in vielen Fällen bereits vor der Anerkennung ermöglicht wird. Dieses Vorgehen stellt eine erhebliche Erleichterung bei der Fachkräfteeinwanderung dar. Für eine dauerhafte, nachhaltige Integration ist es allerdings wichtig, die ausländischen Fachkräfte und deren Arbeitgeber über die Möglichkeiten und Vorteile der Anerkennung zu informieren, auch wenn diese aufenthalts- und berufsrechtlich in vielen Fällen nicht mehr vorausgesetzt wird. Nur so kann die Anerkennung ihre positive Wirkung entfalten.

Durch die Eröffnung neuer Wege in der Fachkräfteeinwanderung, werden die Regelungen gleichzeitig komplexer, sodass entsprechende Informations- und Beratungsbedarfe weiter steigen werden. Ein besonderer Fokus sollte deshalb auf der Kontinuität der Beratungsangebote liegen, insbesondere wenn projektförmige Strukturen in eine Verstetigung überführt werden, wie es derzeit im Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) vorgesehen ist. Die Informations- und Beratungsangebote sollten sowohl für Fachkräfte im Ausland als auch für diejenigen, die sich möglicherweise erst einige Jahre nach der Einreise für eine Anerkennung interessieren, gut erreichbar sein. In diesem Zusammenhang wäre es auch wünschenswert, wenn die Erfolgsaussichten vor der Antragstellung transparenter gemacht werden könnten. Frühzeitig sollte zudem die Transparenz über die grundsätzliche Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Abschlusses und möglicher Referenzberufe geschaffen werden.

Der Vollzug der Anerkennungsverfahren liegt bei den Ländern. Seitdem das Anerkennungsgesetz im Jahr 2012 in Kraft getreten ist, wurde bereits viel getan, um die Anerkennungsverfahren als Instrument zur Fachkräftegewinnung zu etablieren und zu beschleunigen. So wurden beispielsweise in manchen Berufen zuständige Stellen gebündelt, Mustergutachten wurden erstellt und verwendet und es wurde eine Beratungs- und Informationsinfrastruktur aufgebaut. Bund und Länder setzen derzeit ebenfalls die in den Eckpunkten zum neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz festgelegten untergesetzlichen Maßnahmen zur Anerkennung um (vgl. Bundesregierung 2022). Viele der vom BIBB-Anerkennungsmonitoring aufgezeigten Stellschrauben zur Optimierung der Verfahren sind darin enthalten.[6] Im Fokus stehen dabei Vereinheitlichung von Anforderungen an Unterlagen, Verbesserung der Bescheide oder der weitere Ausbau des Wissensmanagements. Auch die Digitalisierung der Antragsstellung und der Ausbau von Qualifizierungsmaßnahmen sind zentrale Bausteine.

Mit Blick auf die immer weiter steigenden Anträge und die hohe Zahl ausländischer Fachkräfte, die Deutschland künftig noch mehr anwerben muss, um den Fachkräftemangel zu stoppen, gilt es diese Maßnahmen zügig umzusetzen, auszugestalten und zu konkretisieren. Alle am Prozess beteiligten Akteure sind sich einig, dass die Verfahren weiter optimiert werden müssen.

So leisten auch wir als BIBB einen Beitrag zur Optimierung der, beispielsweise durch die Organisation und Durchführung von Austauschformaten mit zuständigen Stellen[7] oder auch durch einen ChatBot für das Portal „Anerkennung in Deutschland“ (www.anerkennung-in-deutschland.de), der sich gerade in der Entwicklung befindet und künftig die Beratungsinfrastruktur unterstützen wird.

Damit die Optimierung der Berufsanerkennung gelingen kann, müssen Bund und Länder, Berufsverbände und die für die Verfahren zuständigen Stellen in den kommenden Monaten und Jahren weiter an einem Strang ziehen. Dabei muss eine Bereitschaft für Reformen und zur Umgestaltung von Prozessen vorhanden sein. Dazu gehört auch, das Wissen über die bereits erfolgten Anerkennungsverfahren weitestgehend und digital transparent zu machen. Zudem sollten gesetzliche Spielräume seitens der zuständigen Behörden stärker im Sinne der ausländischen Fachkräfte genutzt werden.

Generell muss sich das Ziel einer „einfacheren Anerkennung“ in das föderale Berufsbildungssystem und in verfassungsrechtliche Zuständigkeiten einordnen lassen. Gerade deshalb ist ein Zusammenwirken der Akteure umso wichtiger.

[1]     Diese Definition bleibt auch künftig bestehen, es werden allerdings Möglichkeiten der Einwanderung ohne Anerkennung für Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen geschaffen.

[2]     Bei den reglementierten Berufen ist die Berufsausübung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden. Hierzu zählen z. B. Ärztin/Arzt oder Pflegefachfrau/-mann. Zu nicht reglementierten Berufen gehören vor allem duale Ausbildungsberufe.

[3]     Für nicht reglementierte Hochschulabschlüsse kann eine Zeugnisbewertung bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) beantragt werden. Ist der Abschluss bereits in der öffentlich zugänglichen anabin-Datenbank gelistet, reicht für die Einreise nach Deutschland ein entsprechender Auszug aus.

[4]     Zur Qualifikationsanalyse s. www.anerkennung-in-deutschland.de/html/de/service/glossar-q.php#

[5]     Der entsprechende Nachweis ist bei der ZAB unter https://zab.kmk.org/ zu beantragen. Alternativ kann auch ein Eintrag in der anabin-Datenbank vorgelegt werden. Zudem können deutsche Auslandshandelskammern beim Bundesinstitut für Berufsbildung prüfen lassen, inwiefern ihre im Ausland verliehenen Abschlüsse der Kategorie A („Deutsche duale Berufsausbildung im Ausland“) die Anforderungen des Berufsbildungsgesetzes an eine Berufsausbildung erfüllen und die notwendige berufliche Handlungsfähigkeit vermitteln. Diese benötigen dann keine weitere Überprüfung durch die ZAB.

[6]     Mehr zur Optimierung der Anerkennung unter www.bibb.de/anerkennung-optimieren.

[7]     Mehr zu den Austauschformaten mit zuständigen Stellen unter www.bibb.de/de/191053.php.

Best, Ulrich; Erbe, Jessica; Schmitz, Nadja; Arnold, Stefan; Koch, Robert; Mundt, Sandra; Rausch-Berhie, Friederike: Berufliche Anerkennung im Einwanderungsprozess – Stand und Herausforderungen bei der Antragstellung aus dem Ausland. Ergebnisse des BIBB-Anerkennungsmonitorings. Bonn 2019. URL: www.bibb.de/dienst/publikationen/de/10143

Boockmann, Bernhard; Kalweit, René; Kleinemeier, Rita; Knirsch, Frederik; Maier, Anastasia; Murawski, Waldemar; Puhe, Henry; Scheu, Tobias; Baumgärtner, Maren; Saile, Sebastian (Hrsg.): Vorstudie zur Abwanderung von ausländischen Fachkräften: Abschlussbericht im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit, AZ: 13-21-00035 (2022). URL: www.iaw.edu/files/dokumente/ab_04_2021/Vorstudie_Fachkraefteabwanderung_2022.pdf

Brücker, Herbert; Glitz, Albrecht; Lerche, Adrian; Romiti, Agnese: Integration von Migrantinnen und Migranten in Deutschland: Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse hat positive Arbeitsmarkteffekte. IAB-Kurzbericht 02/2021. Nürnberg 2021.
URL: https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-02.pdf

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Bericht zum Anerkennungsgesetz 2023. Berlin 2024. URL: www.bmbf.de/SharedDocs/Publikationen/de/bmbf/3/31831_Anerkennungsgesetz_2023.pdf?__blob=publicationFile&v=7

Bundesregierung: Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten. Berlin 2022. URL: www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Pressemitteilungen/2022/eckpunkte-fachkraefteeinwanderung-drittstaaten.html

Bushanska, Vira; Erbe, Jessica; Gilljohann, Katharina; Knöller, Ricarda; Schmitz, Nadja; Scholz, Moritz: Fachkräfteeinwanderung (nicht) ohne Anerkennung? Was sich mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ändert. Bonn, 2023. Online: https://res.bibb.de/vet-repository_781509

Bushanska, Vira; Studthoff, Alexander: Zuwanderung und Arbeitsmarktzugang: Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen. In: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2022. Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn 2022. S. 404-407. URL: www.bibb.de/dokumente/pdf/Datenreport%202022_20102022_online.pdf

Damelang, Andreas; Ebensperger, Sabine; Stumpf, Felix: Foreign Credential Recognition and Immigrants’ Chances of Being Hired for Skilled Jobs—Evidence from a Survey Experiment Among Employers. In: Social Forces 88 (2020) 2. DOI: https://doi.org/10.1093/sf/soz154

Ekert, Stefan; Larsen, Christa; Valtin, Anne; Schröder, Ronja; Ornig, Nikola: Evaluation des Anerkennungsgesetzes. Abschlussbericht 2017. URL: www.iwak-frankfurt.de/wp-content/uploads/2017/05/Evaluationsbericht_2017_INTERVAL_IWAK.pdf

Nationaler Normenkontrollrat (NKR) (Hrsg.): Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates zu den Eckpunkten der Bundesregierung zur Fachkräfteeinwanderung: Mit digitalen, schnelleren und einfacheren Verfahren zu mehr Fachkräfteeinwanderung. Berlin 2022. URL: ​www.normenkontrollrat.bund.de​/​Webs/​NKR/​SharedDocs/​Downloads/​DE/​Positionspapiere/​Fachkr%C3%A4fteeinwanderung.pdf​?​__blob=​publicationFile&​v=​15

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Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) gGmbH (Hrsg.): SVR-Agenda für eine nachhaltige Integrations- und Migrationspolitik. Impulse für die Legislaturperiode 2021 – 2025. Berlin 2021. URL: ​www.svr-migration.de​/​wp-​content/​uploads/​2021/​09/​SVR-​Agenda-​zu-​Integration-​Migration-​2021.pdf

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