Claudia Dunst (Gewerkschaftssekretärin in der IG Metall Bezirksleitung Baden-Württemberg)

Die Nutzung der „Künstlichen Intelligenz“ (KI) in Industriebetrieben erreicht uns über verschiedene Kanäle. Zum einen ist über MS 365 und Co Pilot eine Text/Bild-KI bei uns aufgeschlagen, die zunehmend genutzt wird. Zum anderen nutzen Beschäftigte (ob sie dürfen oder nicht) über ihre privaten Endgeräte Programme, um Texte, Bilder oder Präsentationen zu erstellen. Und schließlich werden KI-Experten eingestellt, KI-Arbeitsgruppen gebildet und zunehmend Pilote mit KI-Programmen gefahren. Parallel dazu ist bzw. wird durch die KI-Verordnung auf EU-Ebene sowie KI-Regelungen in Betriebsvereinbarungen ein Regelungswerk geschaffen, um den Rahmen festzulegen. Die industrielle KI-Welt entwickelt sich also weiter –in einem hohen Tempo. Für die Steigerung der Produktivität und damit den Erhalt des Industriestandortes Deutschland ist das gut – aber wir brauchen auch gute Spielregeln dafür.

Im Folgenden wird es darum gehen, zentrale Fragestellungen für die betriebliche Praxis der Qualifizierung aufzuwerfen – und Spielregeln zu reflektieren. Konkret bedeutet das: Welche Folgen hat die Einführung von KI-Anwendungen jeweils für die Qualifizierung der Beschäftigten und welche Regelungsbedarfe ergeben sich daraus – sofern das heute erkennbar ist?

Die erste Frage ist sicherlich, was im Folgenden als „KI“ gemeint ist. Oftmals ist schwer zu erkennen, ob eine „echte KI“ angewendet wird, oder nur ein (gut gemachtes) konventionelles IT-System. Ausgangspunkt hier soll die Definition sein: „Ein KI-System ist ein maschinengestütztes System, das für einen in unterschiedlichem Grade auto­nomen Betrieb ausgelegt ist und das nach seiner Betriebsaufnahme anpassungsfähig sein kann und das aus den erhaltenen Eingaben für explizite oder implizite Ziele ableitet, wie Ausgaben wie etwa Vorhersagen, Inhalte, Empfehlungen oder Entscheidungen erstellt werden, die physische oder virtuelle Umgebungen beeinflussen kön­nen;“ (Art. 3 KI-VO)

Was ist neu an KI?

Die Debatten der vergangenen Jahrzehnte zu technologischen Entwicklungen hat uns gezeigt, dass IT-Innovationen eine Reihe von Fragestellungen für die Beschäftigten und damit für die betriebliche Mitbestimmung aufwerfen (Datenschutz, Verbot Verhaltenskontrolle, Qualifizierung, Arbeitsschutz, Beschäftigungssicherung …). Deutlich wurde in diesen Jahrzehnten, dass unsere Reflexion dieser Fragen zu weitgehend guten betrieblichen Rahmenregelungen geführt hat – und sich gleichzeitig starke Veränderungen in der Arbeitswelt vollzogen haben. Die Digitalisierung hat mittlerweile eine Vielzahl von Arbeitsprozessen von der „Dingwelt“ in die „Virtuelle Welt“ befördert. Ob es Briefe sind, Arbeitszeitsysteme, Seminare, Informationsrecherche oder die Maschinen­steuerung usw. In den letzten Jahren hat die Digitalisierung auch den letzten Winkel der Fabriken erreicht – „Selfservice“ zwingt heute nahezu alle Beschäftigtengruppen, ihre Urlaubsplanung, Reiseanträge oder Seminaranmeldungen sowie ihr E-Learning eigenständig auf digitalen Endgeräten zu vollziehen.

In dieser digitalen betrieblichen Welt, so die Erfahrung in den Industriebetrieben in Baden-Württemberg, haben sich die Welten von „Produktionsbeschäftigten“ und Beschäftigten im „Angestelltenbereich“ digital ausdifferenziert: Erstere haben oftmals keine personenbezogenen E-Mail-Adressen (IT-ID) und einen schlechteren Zugang zu Endgeräten (Terminals), um selbständig Mails zu bearbeiten oder das Intranet zu nutzen. Ebenso gibt es kaum Schulungsangebote zu digitalen Grundkompetenzen für Produktionsbeschäftigte.

Damit stellt sich die Frage, wie Beschäftigte KI-Anwendungen steuern können, die bislang kaum digitale Arbeitsaufgaben ausführen mussten und keinerlei Verantwortung für Cyber-Sicherheit hatten? Oder ist es genau umgekehrt, dass die KI die Beschäftigten steuern wird und sie keinerlei Verständnis für die virtuelle Arbeit brauchen? Oder wird die KI quasi als „Assistenzsystem“ mehr Teilhabe ermöglichen, indem Sprachbarrieren, Lese- und Schreibschwächen, fehlende EDV-Kenntnisse etc. KI-technisch ersetzt werden? Das Bild ist noch unscharf, aber es gilt in jedem Fall, lernförderliche Arbeitsplätze und Entwicklungschancen für Beschäftigte im Blick zu behalten und in jedem Fall den „Digitalen Gap“ zu verringern.

KI im Betrieb – was können wir heute erkennen?

Die Umsetzungsmöglichkeiten von KI-Anwendungen werden bereits heute deutlich (z.B. im KI-Labor von Fraunhofer, bei der Textgenerierung …) – auch wenn Betriebe sie kaum systematisch nutzen bzw. erst in der Planung sind (was oftmals an Investitionen hängt).[1] Im Folgenden sind praktische Anwendungsbeispiele ausgewählt, die exemplarisch die Veränderungen von Tätigkeiten veranschaulichen und den Zusammenhang zu Qualifizierungsfragen herstellen.

Anwendungsfeld 1: Text und Bilderzeugung

KI zur Texterzeugung nutzen bereits zahlreiche Beschäftigte (und Betriebsräte) – doch scheint das oftmals eher ein „Learning by Doing“ als systematisch gelernt. Aber es geht auch anders: Ein Betriebsrat (und Weiterbildungsmentor), der Schulungen zu MS 365 organisiert hat, stellt heute fest, dass die Schulungen in seinem Betrieb wesentlich zur Effizienzsteigerung beigetragen haben und damit der betriebliche Nutzen der KI-Anwendung größer geworden ist. Zudem könne das Thema Cyber-Sicherheit besser platziert und verstanden werden. Ein Augenmerk wurde in der Schulung auch auf das „Prompting“[2] gelegt. Damit hat sich die Nutzung der KI verbessert (einschließlich der Hinweise, dass die Antworten der KI fachlich zu überprüfen sind).

Ein weiterer Anwendungsbereich ist das Wissensmanagement im Betrieb – hier gibt es ebenfalls Praxisansätze. Durch die Eingabe zentraler Dokumente (Produktbeschreibungen, Maschinenhandbücher, Sicherheitsregelungen, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen …) kann zentrales betriebliches Wissen über die KI abgefragt werden. So wird Wissen breiter und schneller verfügbar. Auch hier hängt es von der Qualität der Daten(-Eingabe) ab, ob die KI-generierten Antworten richtig und verständlich sind.

Es lässt sich also feststellen: Eine Reihe von Arbeitsaufgaben (Rechnen in Excel, Protokolle, Emails, Präsentationen, fachliche Standardfragen) können heute wesentlich schneller bearbeitet werden und „menschliche“ Fehler werden minimiert. Damit kann sich der Arbeitsdruck verringern, insbesondere in den indirekten Bereichen (Verwaltung, Entwicklung usw.) – sofern ausreichend qualifiziert wurde für die Nutzung. Wenn Aufgaben an der Stelle jedoch stark reduziert werden, stellt sich die Frage, was stattdessen als Aufgabe hinzu­kommen soll oder wo die Beschäftigten künftig eingesetzt werden sollen. Ein Thema, das Gewerkschaften bereits seit vielen Jahren beschäftigt und die Argumentation stärkt, sich überfachliche Kompetenzen anzueignen, um die allgemeine Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten.

Anwendungsfall 2: Veränderte Aufgaben durch KI in der Produktionsplanung

Bereits heute kann die KI viele Arbeitsschritte in der Produktionsplanung übernehmen, beispielsweise die manuelle Erstellung von Produktionsplänen, Kapazitätsberechnungen, Materialbedarfsplanung. Als menschliche Arbeitsaufgabe wird die Überwachung der KI bedeutsamer. Zudem kann die KI große Datenmengen analysieren (z. B. Maschinenzustände, Lieferzeiten, Lagerbestände). Die Aufgabe der Beschäftigten wird dann die Interpretation der KI-Vorschläge und die Ableitung strategischer Entscheidungen bzw. das Risikomanagement sein. Es fallen also planerische (Standard-)Aufgaben weg, und die Managementaufgaben (Strategie) werden zunehmen. Zentrale Zukunftskompetenzen in diesem Kontext sind daher Datenkompetenz, Systemverständnis und strategische Entscheidungsfähigkeit. Weiterbildungsmaßnahmen könnten in Bereichen wie Machine Learning, Datenanalyse, Automatisierung und digitale Tools liegen.

Es wird somit offensichtlich weniger Planer brauchen, wenn zeitraubende manuelle Arbeit durch die KI ersetzt wird. Gleichzeitig werden die dann noch vorhanden Planungsaufgaben verantwortungsvoller. Bislang offen scheint die Frage, ob die „alten“ Kompetenzen (Einkauf, Maschinenkenntnisse, …) immer noch in den KI-gestützten Prozessen notwendig sein werden, um eben diese Überwachung und die Interpretation der KI-Ergebnisse leisten zu können? Und weiter in die Zukunft gedacht: Wie kann ich fachliche Expertise in der Praxis entwickeln, wenn mir KI-Anwendungen einen Großteil der Fachaufgaben abnehmen?

Anwendungsfall 3: KI in Personalsystemen (Talentmanagement)

Das Personalmanagement wird bereits seit einigen Jahren verstärkt über Programme wie SAP-Success Factor oder Workday gesteuert. Die Hersteller dieser Programme haben nun auch KI in diese Programme integriert: „Der Talent Intelligence Hub fungiert als KI-basierter Motor für die gesamte Schulungs- und Mitarbeiterstrategie eines Unternehmens. Er ist in die SAP SuccessFactors HXM Suite integriert und erstellt für jeden Mitarbeitenden ein Kompetenzportfolio (…) Mit dem Talent Intelligence Hub sind Unternehmen in der Lage, ein durchgängiges Qualifikationsmodell für alle Bereiche zu nutzen, von der Personal­beschaffung und Einführung über die Weiterbildung und Entwicklung bis zum Leistungs­management und zur Nachfolgeplanung. Mitarbeitende können Daten über sich selbst hinterlegen, unter anderem Ziele, Motivationen, Arbeitsstile und Präferenzen. Und Führungskräfte können Fähigkeiten und weitere Eigenschaften für alle direkt unterstellten Mitarbeitenden einsehen, ergänzen und aktualisieren.[3]

Nun haben Betriebsräte über Betriebsvereinbarungen die Möglichkeit, Personaldaten­erfassungen konkreter zu regeln, aber auch zu schützen. (Datenerhebung / Datenschutz / Schutz Verhaltenskontrolle / Diskriminierungsfreiheit usw.) Zudem könnten gewerkschaftliche Forderungen nach Planungstransparenz im Kompetenzmanagement, der Nachfolgeplanung, oder der Weiterbildungsplanung damit professionell umgesetzt werden. Doch in der Praxis zeigt sich, dass es nach wie vor eine Reihe von Fragen gibt an diese Datensammlungen und „automatischen“ Auswertungen:

  1. Wie sind diese Dateneingaben in SAP in den Prozess der Personalentwicklung integriert? Gibt es eine Verknüpfung mit dem Prozess der Weiterbildungsplanung? Oder läuft das budgetorientiert parallel und laufen die Daten damit ins Leere?
  2. An welchen Prozess-Schnittstellen muss der BR (zwingend) dauerhaft mitbestimmen? Ist das allen Beteiligten klar und in der KI (und dem automatisierten Prozess) hinterlegt?
  3. Wissen Beschäftigte, wie sie ihre Kompetenzen („Ziele, Motivationen, Arbeitsstile und Präferenzen“) eingeben können und können sie die Folgen ihrer eigenen Angaben abschätzen? Wer kann dazu beraten?
  4. Dürfen Führungskräfte ohne Abstimmung mit den Beschäftigten die „Eigenschaften“ (Kompetenzen) von Mitarbeitenden im System hinterlegen? Natürlich nicht! Wie sieht der Zustimmungsprozess aus und wie werden Konflikte gelöst?
  5. Gibt es überhaupt eine systematisch geplante Kompetenzerhebung und wie ist diese in einer Betriebsvereinbarung geregelt? Sicherlich kann man dazu „alte“ Regelungen zur „Qualifikationsmatrix“ dafür heranziehen.
  6. Können sich Beschäftigte selber diskriminierungsfrei beschreiben, und wie sieht das bei Führungskräften bezogen auf die Beschäftigten aus?
  7. Wenn zu einem Zeitpunkt x festgestellt wird, dass ein KI-basiertes Personalsystem falsch trainiert wurde – muss dann alles noch einmal neu trainiert werden?
  8. Wie sehen die Schnittstellen von Talentmanagement in SAP und der Produktionsplanung in Zukunft aus – und können sich hier Diskriminierungsfaktoren „einschleichen“ (Beispiels­weise wer für Vertretungen herangezogen wird und sich damit weiterentwickeln kann)?

Anwendungsfall 4: KI in betrieblichen Lernplattformen

KI-Anwendungen und KI-gestützte Lernplattformen werden schon seit vielen Jahren im Kontext der beruflichen Bildung eingesetzt, erfahren jedoch derzeit größeres Interesse. Bei einer Learning Experience Platform (LXP) handelt es sich um eine durch Künstliche Intelligenz (KI) gestützte Software, über die Nutzende auf Basis persönlicher Profile individuell relevante Lernangebote erhalten. Diese KI-gestützten Lernplattformen können also Chancen bieten, eine Reihe von üblichen Weiterbildungshindernissen auszugleichen: Die Sprachkenntnisse (Muttersprache), die Lerntypen (auditiv [Podcasts], visuell [Präsentationen, Texte], motorisch [Video, Praxisübungen] …), die Verknüpfung von vielen kleineren Lerneinheiten, Praxisorientierung usw.

In einer Praxisstudie, die das Fraunhofer IAO für ein Transformationsnetzwerk in Baden-Württemberg entwickelt hat, wurden Betriebsräte großer Konzerne gefragt, inwiefern die Konzern-Lernplattformen genutzt werden. Das Ergebnis war ernüchternd. Gründe für eine geringe Nutzungsquote der meisten Lernplattformen liegen nach diesen Erkenntnissen unter anderem in:

  • fehlender Transparenz von Lernangeboten und unzureichender Einbettung von Weiterbildung in Karrierewege, ohne individuelle Weiterbildungsempfehlungen von Führungskräften,
  • Überforderung angesichts der Fülle an digitalen Lernangeboten und Grenzen des selbst­organisierten Lernens, das vielen Beschäftigtengruppen nicht vertraut ist und nur mit Begleitung funktioniert sowie
  • fehlender Zugang zu Lernplattformen und fehlende Regeln zu Lernzeiten innerhalb der Arbeitszeit (insbesondere in der Produktion).

Lernplattformen könnten also durch die KI und damit ein anpassungsfähiges Lernumfeld für Teilnehmende eine bedeutende Rolle übernehmen. Doch dann müssten die oben benannten Hindernisse beseitigt sein.

KI-Kompetenz und Fachlichkeit

Die oben dargestellten Praxisanwendungen zeigen eine Reihe von Fragen und Einschätzungen auf, die jeweils in der Qualifizierungs-Praxis reflektiert werden müssen. Hinzu kommen ein paar grundsätzliche Themen, die sich heute in der Praxis andeuten.

Zum einen die Frage zur Umsetzung von Artikel 4 KI-Verordnung[4]KI-Kompetenz“: „Die Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach besten Kräften sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Ausbildung und Schulung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, zu berücksichtigen sind.“

Die sehr offen formulierte Vorgabe lässt viel Spielraum für die betriebliche Praxis. Das ist einerseits sicherlich notwendig, damit sich die Praxisvielfalt abbilden lässt, gleichzeitig kann es bedeuten, dass Schulungsangebote in der Praxis auf das notwendigste reduziert werden. Damit kommen wir wieder zur Qualifikationsmatrix: Wir brauchen bezogen auf die vorhanden und entstehenden KI-Anwendungen die notwendigen konkreten Kompetenzanforderungen (z.B. bei Copilot das „Prompten“ oder Datensicherheit), um zu erkennen, welche konkrete Weiterbildung notwendig ist und sein wird.

Bei der Debatte um KI-Kompetenzen taucht zudem bisher kaum das Thema auf, wieviel „fachliche Kompetenz“ im eigentlichen Berufsfeld weiterhin gebraucht wird. Wenn es stimmt, dass künftig verstärkt Überwachung, Risikomanagement und strategische Kompetenzen notwendig sein werden, braucht es sicherlich eine umfassende fachliche Kompetenz und möglicherweise auch umfangreiches Erfahrungswissen, damit man bei bestimmten KI-Vorgängen (ausreichend skeptisch) das Ergebnis prüft. Wenn man dagegen eher KI-gesteuert arbeitet und auch keine Verantwortung für die Ergebnisse trägt („Hat ja die KI gemacht“), dann reduzieren sich sicherlich die Anforderungen.

Steuerung der KI-Regeln in der betrieblichen Praxis

Die industrielle KI-Welt entwickelt sich also weiter und das in einem hohen Tempo. Wenn Betriebe nun eigene KI-Anwendungen entwickeln oder spezifisch einkaufen, stellt sich die erste Regelungsfrage: Wer arbeitet an dem „Lastenheft“ für die Anschaffung mit und inwiefern werden mit den Anschaffungen bereits Arbeitsbedingungen, Tätigkeiten und Lernanforderungen in den Diskussionsprozess eingebunden? Gibt es ein klares Bild von der Mensch-Maschine-Interaktion im Arbeitskontext – z.B. im Sinne von lernförderlichen Arbeitsbedingungen? Nicht falsch verstehen: Produktivitätssteigerungen erfordern seit jeher die effiziente Gestaltung von Prozessen und sind im globalen Wettbewerb für den Industriestandort Deutschland bedeutsam. Trotzdem ist ein Blick auf die Auswirkungen der KI auf Beschäftigung im Sinne der strategischen Personalarbeit von Bedeutung – und eine wesentliche Grundlage für die Debatte um notwendige Qualifizierungen und die Lernkultur im Unternehmen.

KI braucht Mitbestimmung von allen

An den Anwendungsbeispielen ist erkennbar, dass wir in die KI-Programme stärker einsteigen müssen und das jenseits der klassischen IT-Schutzregelungen. Vor diesem Hintergrund orientieren sich derzeit viele Betriebsräte in Seminaren und anderen Austauschformaten. Die IG Metall[5] und andere haben auch bereits eigene Handlungshilfen entwickelt. In einem BR-Seminar im Sommer 2025 stand das Thema KI und Weiterbildung im Mittelpunkt. Anwesend waren v.a. Betriebsräte aus IT-Ausschüssen und es wurde schnell deutlich, dass sie sich in einer Reihe von Fragestellungen rückkoppeln müssen mit den Kolleg*innen im BR aus den „Bildungsausschüssen“ oder „Personalausschüssen“ – damit nicht nur Technologie geregelt wird, sondern auch Eingruppierung, Kompetenzmanagement und Weiterbildung.

Es ist keine neue Erkenntnis, aber immer wieder wichtig zu betonen: die Einführung von komplexen IT-Lösungen muss systemisch betrachtet werden und benötigt umfassende analytische Kompetenzen bei den Gestalter*innen der Regelungen. Dazu müssen die fachlichen Kompetenzen aus der IT, der Arbeitsgestaltung und der Bildung gebündelt sein.

Wir stehen am Anfang eines sehr weitreichenden digitalen Entwicklungsschrittes. Viele Fragen sind in der Praxis noch offen – aber sicherlich gestaltbar. Daher gilt es, als Gewerkschaften unsere Regelungskompetenzen zu bündeln. Dazu müssen KI-Expert*innen die Expert*innen für Weiterbildung ihr Wissen verknüpfen und weiterentwickeln. Das können wir und müssen wir können – für die Menschen. Denn: Zukunft braucht Menschen und Menschen brauchen Zukunft.

[1] Vgl. Kathrin Weis: Stellenbesetzung, KI-Nutzung und Weiterbildung in Betrieben in Deutschland (BIBB / BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung)

[2] Ein Prompt ist ein Anweisungssignal oder eine Eingabe, die an ein KI-System gerichtet ist, um eine bestimmte Antwort oder Aktion zu initiieren.

[3] https://news.sap.com/germany/2023/10/ki-funktionen-hr-successfactors/

[4] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32024R1689

[5] IG Metall (2025) Hg.: Künstliche Intelligenz – Rahmenvereinbarungen und Hinweise für die Mitbestimmung

Autor

  • Claudia Dunst ist Sozialwissenschaftlerin und arbeitet seit 2019 als Gewerkschaftssekretärin in der Bezirksleitung Baden-Württemberg und hier als Expertin für Qualifizierung und Arbeitsmarktpolitik. Zudem bildet sie für die IG Metall Weiterbildungsmentor*innen aus. Davor war sie in der Tarifpolitik der EVG und in der Organisationsberatung der Wert.Arbeit GmbH bzw. der ISA Consult tätig. Die Gestaltung von betrieblichen Mitbestimmungsprozessen gemeinsam mit Betriebsräten gehörte zu allen beruflichen Stationen, ebenso wie die betriebliche Weiterbildung.

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