Lydia Krieg (Ausbildungsleitung bei der BGV-Versicherung AG und nebenberufliche Referentin beim Berufsbildungswerk der Versicherungswirtschaft in Karlsruhe)
„Nachhaltigkeit beschreibt einen Weg, die Welt im Gleichgewicht zu halten. Es geht darum, weder auf Kosten der Menschen in anderen Regionen der Erde noch auf Kosten zukünftiger Generationen zu leben. Die Herausforderung besteht darin, ein gutes Leben für alle – heute und in Zukunft – zu ermöglichen, ohne dabei die planetaren Grenzen zu überschreiten. Als größter Versicherer in Baden ist sich der BGV Badische Versicherungen seiner Verantwortung hierfür bewusst und engagiert sich offensiv in Sachen Nachhaltigkeit – und zwar nicht erst seit der Festlegung der UN-Nachhaltigkeitsziele. Denn gerade in einem Versicherungsunternehmen gewinnen die ESG-Faktoren (Environment, Social und Governance) zunehmend an Bedeutung. Durch die Berücksichtigung von Umwelt-, Social- und Governance-Aspekten können wir Risiken besser managen und langfristig stabile Renditen erzielen.
Wie es zum eingereichten Azubi-Projekt Be GreenVision gekommen ist, was die Inhalte des Projektes sind und welche Herausforderungen hierbei zu bewältigen sind, erzählen Stephanie Virzi, Lydia Krieg (beide Ausbildungsleitung) sowie Eric Sekulla (Ausbilder in der IT) im Interview mit Dominik Undis (Abt, IT Quality Management).
Dominik Undis: Steffi, ihr habt die Nachhaltigkeits-Challenge BeGreenVision bei euren Azubis ins Leben gerufen. Wer kam auf die Idee und welche Ziele sollten damit erreicht werden?
Stephanie Virzi: Ausschlaggebend für das ganze Projekt war im Grunde die Neuordnung des Ausbildungsberufes zum Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzanlagen. Meine Kolleginnen und ich haben uns intensiv darüber Gedanken gemacht, wie wir den neuen Aspekt der Nachhaltigkeit in der Ausbildungsordnung optimal in unseren Azubialltag integrieren können und die Azubis dabei auch noch Spaß haben. In unserem Kreativraum haben wir dann gemeinsam mit den Azubis viele Ideen generiert und reflektiert, welche nachhaltigen Themen im BGV schon umgesetzt werden. So wurde die Idee zur Nachhaltigkeits-Challenge geboren.
Lydia Krieg: Wir haben uns überlegt: Warum nicht das spielerische Element mit dem Nützlichen verbinden? Und so kamen wir auf die Idee, gemeinsam mit den IT-Azubis zum/zur Fachinformatiker/-in eine Anwendung zu entwickeln, die uns eine Nachhaltigkeits-Challenge ermöglicht. Genau darin steckt das Innovationspotential dieses Projektes. Insbesondere durch die Vertriebsorientierung lieben es unsere Azubis, sich zu messen und zu vergleichen. Durch unsere BGV-Nachhaltigkeitsthemen können sie gleichzeitig ihren C02 Fußabdruck verkleinern.
Dominik Undis: Das hört sich wirklich spannend an. Beschreibt doch mal, wie das Projekt von der Idee bis zur Umsetzung verlaufen ist.
Stephanie Virzi: Nachdem feststand, dass es eine Nachhaltigkeits-Challenge werden sollte, wurde ein Projektteam aus Auszubildenden zum Kaufmann/-frau Versicherungen und Finanzanlagen sowie Fachinformatikern und -informatikerinnen gebildet. Wichtig war uns, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hierfür freiwillig einsetzen und wir eine jahrgangsgemischte Gruppe bilden konnten. So wird gewährleistet, dass die Azubis mit unterschiedlichen Lernfortschritten auch voneinander lernen können und unterschiedliche Erfahrungen in das Projekt einfließen. Die Azubis haben sich dann regelmäßig zu Meetings getroffen. Da nicht alle in der Direktion ausgebildet werden, fanden diese Treffen hybrid über MS Teams statt. Bereits diese Form der Zusammenarbeit hat den Azubis weitere wichtige Fähigkeiten im Bereich der digitalen Kompetenz vermittelt. Hier stand Learning bei Doing im Vordergrund
Eric Sekulla: Da unsere IT in ihren Projekten meist agil arbeitet, kannten die älteren IT-Azubis bereits erste Ansätze aus Scrum, die sie in der Planung und Umsetzung einzelner Meilensteine genutzt haben. So war aus meiner Sicht jederzeit eine gute Struktur im Projekt vorhanden. Kniffliger war dann die Programmierung aller Anforderungen, die das Projektteam erarbeitet hatte. Neben dem Gaming-Faktor sollte natürlich auch Übersichtlichkeit gewährleistet sein. Es sollte Eintragsmöglichkeiten geben, Rankings sollten erstellt werden können, Pflicht und Freiwilligkeitsmodule enthalten usw. Aber auch hier mussten wir Ausbilder selten unsere Programmiertricks in APEX zur Verfügung stellen. (…)
Dominik Undis: Das hört sich alles sehr harmonisch an. Gab es auch irgendwelche Hürden, die überwunden werden mussten und wenn ja, welche?
Lydia Krieg: Die technischen Hürden hat Eric ja bereits angesprochen. Hier halfen online-Tutorials und Rücksprachen mit den Expertinnen und Experten in den Fachbereichen weiter. Eine weitere Herausforderung war die Kommunikation mit dem Betriebsrat, um die Zustimmung für das Ranking zu erhalten, damit alle datenschutzrelevanten Fakten eingehalten werden. Aber auch das ist den Azubis mit viel Charme gelungen. Ich glaube, der Betriebsrat will sich nun selbst an der Nachhaltigkeit-Challenge teilnehmen.
Dominik Undis: Was war das entscheidende Erfolgskriterium für die Umsetzung?
Stephanie Virzi: Ich denke, wir haben schon sehr viele Punkte genannt. Zum einen, dass hier ein bunt gemischtes Azubiteam am Start war, das wirklich richtig Spaß daran hatte, die Applikation zu entwerfen und zu entwickeln. Zum anderen ist hervorzuheben, dass die Ideen durch eigene Azubis programmiert werden konnten. So ist ein Gemeinschaftsgefühl entstanden, das alle Beteiligten getragen hat. Der dritte Faktor war sicherlich, dass die Generation unserer Azubis nicht erst seit Greta Thunberg unsere Nachhaltigkeitsexperten und -expertinnen schlechthin sind.
Dominik Undis: Jetzt bin ich aber selbst gespannt, welche Challenges die Azubis zu bewältigen haben. Erzählt doch mal!
Lydia Krieg: Die Azubis haben sich auf 5 Kategorien geeinigt, die nicht nur zu ihnen selbst, sondern auch zum BGV passen, da wir uns in diesen Bereichen bereits nachhaltig aufgestellt haben oder derzeit aufstellen. Dies sind die Themen Ernährung, Ressourcenschonung, nachhaltige Kapitalanlagen, nachhaltige Kundenberatung sowie gesellschaftliches Engagement. Innerhalb dieser Kategorien gibt es nun Challenges, die Pflichtaufgaben für jeden Azubi darstellen. Zum Beispiel der Besuch des Seminars „Der Grüne BGV-Berater“, aber eben auch freiwillige Challenges, die den Wettbewerb untereinander dann ausmachen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ernähre Dich eine Woche ausschließlich mit regionalen Produkten. Neben dem Wettbewerb mit den Azubi-Kolleginnen und -kollegen hat jeder Azubi persönlich die Möglichkeit, durch bestimmte Aufgaben Zusatzpunkte zu generieren, die eine direkte Belohnung einbringen. Beispielsweise unseren eigenen BGV Honig, oder eine Freikarte für ein Rhein-Neckar Löwen Handballspiel.
Dominik Undis: Cool, da will ich selbst nochmals Azubi sein! Inwieweit lässt sich die Idee auch von anderen umsetzen?
Eric Sekulla: Grundsätzlich kann jedes Unternehmen, unabhängig von der Branche, eine solche Anwendung einführen und mit den Nachhaltigkeitsaufgaben befüllen, die in sein Unternehmen passen. Wir persönlich möchten in einem zweiten Schritt die Anwendung auch als App gestalten, sodass wirklich zu jeder Zeit auf die Challenge zugegriffen werden kann. Es gibt auch bereits erste Ideen, die App den Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen. Dann hast auch du die Möglichkeit, Extra-Nachhaltigkeitspunkte zu erwirtschaften.“
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