Dr. Daniela Ahrens (Senior Researcher, Universität Bremen, Institut Technik und Bildung)

Einleitung: Persistente Passungsprobleme

Der jährlich erscheinende Berufsbildungsbericht verzeichnet seit drei Jahren neue Höchststände unbesetzter Ausbildungsstellen. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Zahl unbesetzter betrieblicher Ausbildungsstellen verdoppelt (Ebbinghaus et al. 2023). 2022 wurde mit rund 68.900 unbesetzten Ausbildungsstellen ein „neuer“ Höchststand verzeichnet, der allerdings wiederum2023 mit 73.400 unbesetzter Ausbildungsplätze abgelöst wurde (Ebbinghaus 2023, 2; Oeynhausen et al. 2023, 9). In ihrer Analyse zum Ausbildungsmarkt 2023 stellt die Autorengruppe ernüchternd fest: „Die Gewinnung von Jugendlichen für eine duale Berufsausbildung bleibt eine der zentralen Herausforderungen zur künftigen Fachkräftesicherung“. (Oeynhausen et al. 2023, 28).

Die Nichteinmündungsquote der vom BIBB ermittelten institutionell erfassten Ausbildungsinteressierten, die nicht in eine Ausbildung einmünden, liegt immer noch bei rund einem Drittel (Bellmann 2023). Jugendliche ohne und mit Hauptschulabschluss haben als sogenannte marktbenachteiligte Jugendliche nach wie vor die geringsten Chancen, nach der Schule unmittelbar einen Ausbildungsplatz zu bekommen, obwohl der Schulabschluss keine formalrechtlich festgelegte Bedingung für das Zustandekommen eines Ausbildungsvertrags ist. Im Jahr 2023 blieben 41.749 Ausbildungsstellen, für die lediglich ein Hauptschulabschluss vorausgesetzt wird, unbesetzt, gleichzeitig waren 19.034 Personen mit Hauptschulabschluss erfolglos bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz (Oeynhausen et al. 2023, 13). 2021 verfügten trotz aller bildungspolitischen Bemühungen in Deutschland 17,8 % der jungen Menschen im Alter zwischen 20 und 34 Jahren über keinen Berufsabschluss. Das sind rund 2,6 Mio. Menschen (BIBB 2023, 275).

Das Nebeneinander unbesetzter Ausbildungsplätze und Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz finden, wird in der berufsbildungspolitischen Diskussion durch sogenannte „Passungsprobleme“ beschrieben. Von einem Passungsproblem wird dann gesprochen, wenn es sowohl relativ viele unbesetzte Ausbildungsplatzangebote als auch relativ viele zum Bilanzierungsstichtag noch suchende Ausbildungsplatznachfragende gibt, d. h., wenn Besetzungs- und Versorgungsprobleme zusammenkommen. Gründe für eine mangelnde Passung sind:

  • Berufswünsche der Jugendlichen decken sich nicht mit dem Angebot der Betriebe,
  • eingeschränkte Passung von regionaler Nachfrage und regionalem Angebot sowie
  • fehlende Übereinstimmung der Qualifikationen von Bewerbenden und der Anforderungsprofile der Betriebe (Enggruber/Neises 2023, 2).

Diesen regionalen, beruflichen und personenbezogenen Aspekten der Passungsproblematik wird seit Jahren mit einem umfangreiches Förderinstrumentarium begegnet. Allerdings liegen über die Wirkung der einzelnen Förderinstrumente in der Regel keine aktuellen Evaluationsergebnisse vor. So ist auch „nach vielen Jahren des Einsatzes keine belastbare Aussage darüber möglich, ob die weiterhin fehlende Deckung von Ausbildungsangebot bzw. -nachfrage auf die begrenzte Wirkungskraft der Instrumente zurückzuführen ist“ (Euler/Seeber 2023, 35). So wichtig diese Maßnahmen sind, bleibt ihr Erfolg doch begrenzt. Seit über zwei Jahrzehnten münden in Deutschland rd. 15 % eines Altersjahrgangs ohne Ausbildungs- oder Studienabschluss als Ungelernte in das Beschäftigungssystem (Euler/Seeber 2023, 5).

Ausbildungsinteressierte Jugendliche und Betriebe finden immer weniger beruflich und geografisch zusammen. Zudem drohen immer mehr Jugendliche aus dem bildungspolitischen Diskurs herauszufallen und auch unter den Radar von Fördermaßnahmen zu geraten: So war bei 97.900 Personen bzw. 13,8 % der Ausbildungsinteressierten der Verbleib zum 30. September 2023 noch offen oder unklar. Darunter befanden sich 26.400 (3,7 %) unversorgte Bewerber/-innen, die ohne alternative Verbleibmöglichkeit ihre Ausbildungsplatzsuche auch am 30. September noch fortsetzten, sowie 71.500 Personen (10,1 %), die „unbekannt verblieben“ waren, d. h. die die Beratungs- und Vermittlungsdienste über ihre aktuelle Situation nicht mehr unterrichtet hatten (Oeynhausen et al. 2023, 27). Gleichwohl medienwirksam Stichworte wie „unbesetzte Ausbildungsplätze“ und Fachkräftemangel“ berufsbildungspolitische Diskussionen prägen, geraten insbesondere junge Menschen mit niedriger Schulbildung aus dem Blickfeld. Diese „qualifikatorischen Vergeudung“ (Klemm 2023) steht im Widerspruch zu dem Narrativ „demographischer Wandel führt zu Fachkräftemangel“, das sich interessenpolitisch übergreifend durchgesetzt hat. Eine institutionelle Antwort auf die Persistenz der Übergangsproblematik und die multiplen Problemlagen junger Menschen sind Jugendberufsagenturen.

Hohe Ansprüche an Jugendberufsagenturen

2013 wurde im Koalitionsvertrag der damaligen Bundesregierung erstmals das Ziel formuliert, flächendeckend Jugendberufsagenturen (JBA) einzurichten, um eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter und den kommunalen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu erreichen. Zwischen 2015 und 2018 wurden knapp 70 % der bis Juli 2021 erfassten 353 Jugendberufsagenturen gegründet. An dem Ziel, JBA flächendeckend einzurichten, wird seitdem festgehalten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Jahr 2020 die Servicestelle Jugendberufsagenturen als bundesweites Unterstützungsangebot im Bundesinstitut für Berufsbildung eingerichtet (https://www.servicestelle-jba.de/). Im aktuellen Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 beabsichtigen die Regierungsparteien: „Mit den Ländern bauen wir die Berufsorientierung und Jugendberufsagenturen flächendeckend aus.“ (Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur 20. Legislaturperiode, 52). Bundesweit bestehen gegenwärtig 364 Jugendberufsagenturen. Diese verteilen sich auf 357 Kreise und kreisfreie Städte (www.servicestelle-jba.de).

Aufgabe von JBA ist es, die Berufsberatung und Ausbildungsvermittlung der Agentur für Arbeit im Rahmen des SGB III, das Fallmanagement der Jobcenter für Jugendliche aus SGB-II Bedarfsgemeinschaften sowie die Angebote der Jugendhilfe des SGB VIII zu verknüpfen (Hagemann/Ruth 2019). Die Leistungen und Instrumente der Ausbildungsförderung für unter 25-Jährige, die durch das SGB II (Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende), das SGB III (Arbeitsförderung) und das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) gewährleistet werden, sollen durch JBA gebündelt werden, um den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt zu verbessern. Um dem politischen und gesetzlichen Anspruch eines inklusiven Ausbildungs- und Arbeitsmarktes gerecht zu werden, empfiehlt der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V, zukünftig auch Leistungen des SGBB IX zu ergänzen für die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. 2022).

Von JBA ist dann die Rede, wenn folgende drei grundlegende Kriterien erfüllt sind (BIBB Datenreport 2023, 250):

  • die JBA setzt sich mindestens aus den drei Kooperationspartnern Agentur für Arbeit, Jobcenter und Jugendamt zusammen,
  • im Rahmen ihrer Zuständigkeiten wird sich dauerhaft und strukturiert um junge Menschen oder mindestens eine gemeinsame Zielgruppe aus dem Personenkreis der jungen Menschen gekümmert,
  • die Art und den Umfang der Kooperation wird verbindlich vereinbart.

Da es kein einheitliches Konzept gibt, weist jede JBA andere Kooperationspartner, Strukturen zur Zusammenarbeit und Organisationsformen auf. Drei Modelle lassen sich unterscheiden: eine Gesamtpartnerschaft aller drei Rechtskreise, eine Fokuspartnerschaft der Arbeitsverwaltung und eine Fokuspartnerschaft von Jobcenter und Jugendhilfe. Die Zusammenarbeit in diesen rechtskreisübergreifende Kooperationsbündnissen hängt allerdings maßgeblich von dem Engagement der Partner ab sowie den jeweiligen lokalen Bedingungen und zwar insbesondere hinsichtlich des regionalen Arbeits- und Ausbildungsmarkts und den Bedarfslagen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Enggruber/Neises 2023).Die Zusammenarbeit als Jugendberufsagentur wird damit vor Ort stets zu einer „Aushandlungsfrage“ (Burmeister 2021, 3). Dies hat zum einen den Vorteil, der „Vielgestaltigkeit der örtlichen Verhältnisse“ (Bundesagentur für Arbeit 2014, 4) Rechnung zu tragen, birgt andererseits aber auch die Gefahr, dass die Ausgestaltung der JBA in hohem Maße von der jeweiligen Professionalität, des Engagements und der Erfahrung der Mitarbeitenden abhängt. Zudem kann die notwendige Offenheit des Begriffs „JBA“ dazu verleiten, „dass dieser inflationär gebraucht wird und dabei dem durchaus hohen Anspruch, der bereits durch das Wort „Agentur“ zum Ausdruck kommt, nicht gerecht zu werden“ (Bourcade 2023, 5).

2021 führte die Servicestelle Jugendberufsagenturen eine bundesweite Onlineerhebung durch, um einen systematischen Überblick über die Verbreitung von Jugendberufsagenturen sowie grundlegende Daten hinsichtlich ihrer organisatorischen Ausgestaltung zu gewinnen (Servicestelle Jugendberufsagenturen 2022). Die Ergebnisse zeigen, dass mehr als die Hälfte der JBA (knapp 54 %) über die Kooperationspartner Agentur für Arbeit, Jobcenter und Jugendhilfe hinaus keine weiteren Kooperationspartner beteiligen – das heißt, dass über die Hälfte der JBA nicht mit Betrieben kooperieren. Akteure aus dem Bereich Schule machen den mit Abstand größten Anteil der weiteren Kooperationspartner aus (BIBB Datenreport 2023, 254). Diese quantitative Erhebung zeigt die Vielgestaltung von JBA ohne jedoch Aussagen über die Qualität und Intensität machen zu können. Ebenso fehlen bislang Untersuchungen darüber, wie junge Menschen am Übergang Schule – Beruf vom Angebot der einzelnen Bündnisse der JBA profitieren.

Erreichbarkeit von Jugendberufsagenturen

Anspruch ist es, Jugendberufsagenturen als „One-Stop-Government“ (Enggruber/Neises 2023, 8) zu etablieren, als zentrale Anlaufstelle, die die verschiedenen rechtlichen Zuständigkeiten unter einem Dach verantwortet und die Jugendlichen berät und unterstützt, zu festigen. Allerdings ist das Prinzip des One-Stop-Governments nur in wenigen JBA umgesetzt und gerade in ländlichen Regionen ist die räumliche Nähe zwischen den Trägern nicht gegeben. Dies führt dazu, dass die Anforderungen an eine enge rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit hier schwerer umzusetzen sind.

„Für junge Menschen ist es nicht relevant, aus welchem Rechtskreis heraus sie Leistungen erhalten, entscheidender ist für sie das sogenannte One-Stop-Government, also die zentrale Anlaufstelle, die notwendige Unterstützung und Beratung aus einer Hand bietet, und bei der sich die Akteure in gemeinsamer Verantwortung für die Gestaltung des Übergangs einbringen“ (Enggruber/Neises 2023, 8).

Zudem verfügen nur 44 % der gemeldeten Jugendberufsagenturen über zumindest eine Form von gemeinsamen Kontaktdaten wie etwa eine gemeinsame Webseite, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse (Bourcade 2023). Lediglich knapp 7 % der JBA sind auf den Plattformen Facebook, Instagram, Twitter und/oder YouTube vertreten (Servicestelle Jugendberufsagenturen 2022, 21). Gerade mit Blick auf die Umsetzung der Ausbildungsgarantie stellt sich die Frage der Erreichbarkeit – geht es doch darum, alle Jugendlichen zu erreichen und ihnen ein passendes Angebot zu machen.

Verzahnung differenter Handlungslogiken

Eine weitere Herausforderung, die sich durch das Kooperationsbündnis ergibt, sind die jeweils unterschiedlichen Integrationsverständnisse von Jobcenter, Jugendhilfe  und Arbeitsagentur. Während für das Jobcenter die Vermittlung in den Arbeitsmarkt im Vordergrund steht, orientiert sich die Arbeitsagentur an einer nachhaltigen und hochwertigen beruflichen Ausbildung und Beschäftigung während für die Jugendhilfe die individuelle Entwicklung und soziale Integration der jungen Menschen das Handeln leitet. Jugendliche werden im Rahmen von drei Rechtskreisen betreut – SGB II (Grundsicherung), III (Arbeitsförderung) und VIII (Jugendhilfe). SGB VIII geht über mehrere Stufen bis zum Alter von 27; das SGB II endet hingegen beim Alter von 25. Diese unterschiedliche Zuständigkeit geht nicht nur mit unterschiedlichen institutionellen Selektions- und Steuerungskriterien einher, sondern auch mit unterschiedlichen professionellen Praktiken und Handlungslogiken der Beschäftigten. Der Bereich des SGB II, vertreten durch die Jobcenter, ist zuständig für Jugendliche aus SGB-II-Bedarfsgemeinschaften, also aus Haushalten, die Grundsicherungsleistungen beziehen. Der Bereich des SGB III, vertreten durch die Arbeitsagenturen, ist an der allgemeinen Berufsorientierung in den Schulen beteiligt und bietet Berufsberatung und Ausbildungsstellenvermittlung an. Der Bereich des SGB VIII, vertreten durch die Jugendhilfe (Jugendämter und freie Träger), unterstützt Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen mit besonderem Förderbedarf und stellt präventive Angebote im Rahmen der Jugendsozialarbeit bereit.

Ein Ergebnis der qualitativen Studie zu Jugendberufsagenturen von Ruth Enggruber und Frank Neises ist, dass aus der Perspektive der JBA, die Übergangsbegleitung stärker als bisher an den Wünschen und Vorstellungen der Jugendlichen auszurichten sowie die gemeinsam gestaltete Fallarbeit zentral am individuellen Bedarf zu orientieren ist und nicht zwischen den Organisationslogiken der beteiligten Akteure zerrieben werden darf. Eine stärkere Berücksichtigung der Adressaten der JBA, der jungen Menschen, wird auch mit Blick auf die JBA als „regionale Gestalter einer Ausbildungsgarantie“ (Enggruber/Neises 2023) gefordert. Um die jungen Menschen individuell und beruflich zu begleiten und fördern, erweisen sich defizitorientierte Zielgruppenmerkmale wie „nicht ausbildungsreif“, „sozial benachteiligt“, „lernbehindert“ als kontraproduktiv. Ausgangspunkt der Beratungsleistungen müssen die Interessen, Wünsche und Bedürfnisse der jungen Menschen sein (Enggruber/Neises 2023, 15). In eine ähnliche Richtung argumentiert auch die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ): Jenseits der auf Funktionalität ausgerichteten Diskussion um die Passung zwischen jungen Erwachsenen und Ausbildungsmarkt gilt es, die ausbildungsplatzlosen jungen Menschen, ihre Problem- und Bedarfslagen stärker in den Blick zu rücken: „Fehlentwicklung wird gefördert, solange das System vorrangig am Arbeitsmarkt orientiert ist, bei dem die Wünsche, Interessen und Bedarfe junger Menschen nicht die wichtigsten Orientierungspunkte sind und deshalb Ausbildungsstellenangebot, Förderangebote und Wünsche von Bewerber*innen nicht zusammenpassen. Dieses Problem der mangelnden Übereinstimmung zwischen Angebot und Nachfrage ist seit Jahren bekannt, führte aber bisher nicht zur Reform des Übergangssystems“ (AGJ 2023, 3).

Interne Transparenz und Zusammenarbeit

Ein wichtiges Thema für die Jugendberufsagenturen ist der Datenschutz, denn die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit setzt die Weitergabe von personenbezogenen Daten von einem Sozialleistungsträger zu einem anderen voraus – dies widerspricht allerdings der Datenschutzgrundverordnung, da die Kooperationspartner im Kooperationsbündnis „Jugendberufsagentur“ weiterhin selbständige Institutionen sind. Um hier Abhilfe zu schaffen, steht seit 2021 das IT-System YouConnect zur Verfügung, das die BA in enger Zusammenarbeit mit dem BMAS und den kommunalen Spitzenverbänden entwickelt hat. YouConnect ermöglicht eine gezielte und zweckgebundene Übermittlung von Daten und Informationen zwischen Jobcenter, Agentur für Arbeit und Jugendämtern. Allerdings werden Schulen als ein zentraler Partner der Berufsorientierung in YouConnect bisher nicht berücksichtigt. Hier ist nach wie vor der Umweg über die Berufsberatung notwendig.

Fazit und Ausblick

Der DGB mahnte bereits 2014: „Zu erwarten, dass mit der flächendeckenden Einführung von Jugendberufsagenturen strukturelle bildungs- und sozialpolitische Probleme gelöst werden können, ist unrealistisch und wird ihren Möglichkeiten nicht gerecht“ (DGB 2014, 21). Unstrittig ist die bedeutende Rolle von JBA bei der Unterstützung und Förderung junger Erwachsener beim Übergang in eine berufliche Ausbildung. Mit Blick auf die Ausbildungsgarantie können die JBA eine entscheidende Rolle dabei spielen, junge Menschen in das Ausbildungssystem zu integrieren. Um diesem Anspruch jedoch gerecht zu werden, benötigen JBA auf verschiedenen Ebenen Unterstützung.

  • Die Mehrheit der Bundesländer verfügt nicht über individuelle Verlaufsstatistiken ihrer Schulabgänger*innen. Für die JBA ist es damit bislang kaum möglich, Jugendliche möglichst frühzeitig durch Beratungs- und Bildungsangebote zu unterstützen und / oder eine aufsuchende Beratung sicher zu stellen.
  • So notwendig die regionale Ausgestaltung der JBA ist, darf dies nicht auf Kosten von Mindeststandards gehen. Unter dem Sammelbegriff JBA finden sich sehr unterschiedliche Konzepte, Strukturen und Akteure. Mindeststandards würden nicht nur eine bessere Vergleichbarkeit der JBA ermöglichen, sondern wären auch eine wichtige Voraussetzung für ein einheitliches Professionalisierungskonzept.
  • Die dezentrale Ausgestaltungsvielfalt ermöglicht zwar einerseits das Eingehen auf die jeweiligen lokalen bzw. regionalen Bedingungen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie den Bedarfslagen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Enggruber/Neises 2023), andererseits bleiben JBA damit immer auch abhängig vom freiwilligen Engagement der Partner und vorhandenen lokalen Finanzierungsmöglichkeiten. Da JBA über kein eigenständiges Budget verfügen, besitzen die Partner weiterhin die Hoheit über ihre jeweiligen Ressourcen. Als freiwillige Kooperationsbündnisse verfügen JBA weder über ein eigenständiges Budget noch über einen eigenständigen Verantwortungsbereich. Um den Ansprüchen einer Realisierung der Ausbildungsgarantie gerecht zu werden, ist es notwendig, die finanziellen und personellen Ressourcen der JBA verlässlicher zu gestalten.
  • Verbesserung der Kooperation mit Betrieben: Vorliegende Evaluationen zeigen, dass die Mehrheit der JBA nur wenige Berührungspunkte mit Betrieben haben. Gerade mit Blick auf die Ausbildungsgarantie und den Förder- und Unterstützungsinstrumenten für Betriebe im Rahmen einer Ausbildung wäre es für die JBA wichtig, die Kooperationen mit Betrieben auszubauen.

Zusammenfassend ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die Stärke der JBA – ihre regionale Ausgestaltung und Anpassung an die jeweiligen Ausbildungs- und Arbeitsmarktstrukturen gleichzeitig auch ihre Schwäche ist. Es fehlt erstens an einem gemeinsamen Verständnis darüber, wie das Spannungsfeld zwischen einem marktreguliertem Ausbildungssystem und einem auf individuelle Bedarfslagen konzipiertes Fallmanagement zu bewältigen ist: zweitens fehlt es an einem zu entwickelndem Integrationsverständnis, dass die differenten Integrationslogiken der Bundesagentur für Arbeit, dem Jobcenter und der Jugendhilfe vereint. Drittens würden Mindeststandards etwa in der rechtskreisübergreifenden Fallbearbeitung, der Beratungsstrukturen und -angebote sowie der Integration in eine berufliche Ausbildung das Profil der JBA schärfen, ohne die notwendige regionale Ausgestaltung damit zu verhindern.

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Hagemann, L./Ruth, M. (2019): Schnittstellen in der Sozialpolitik. Eine Analyse am Beispiel der Einrichtung von Jugendberufsagenturen. IAQ Report (2).

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